Forscher des University of Texas MD Anderson Cancer Center haben entdeckt, dass ein Enzym Hirntumoren beim Wachsen hilft. Diese Erkenntnis bietet Potenzial für neue Tumorbehandlungsansätze.
Alle Krebszellen müssen sich ernähren, um wachsen und streuen zu können. Ähnlich wie gesunde Zellen sind Krebszellen nicht in der Lage, ohne Nährstoffe und ausreichend Sauerstoff zu überleben. Tumore sind in der Regel in nährstoffarmer Mikroumwelt angesiedelt. Nun wurden im Journal Molecular Cell neue Erkenntnisse veröffentlicht, die zeigen, wie Tumore sich in abstoßender Umgebung ernähren und wachsen. Vor allem das Enzym Acetyl-CoA-Synthetase 2 (ACSS2) spielt eine wichtige Rolle bei der Versorgung von Tumorzellen. ACSS2 erhöht die Fähigkeit eines Tumors, das zelluläre Salz Acetat als kohlenstoffbasierte Nährstoffquelle anstelle von Glukose zu verwenden. Acetat versorgt Krebszellen, die sich im Kern des Tumors befinden, mit einer Rettungsleine, damit diese nicht nur überleben, sondern auch wachsen können.
Diesen Weg der Nährstoffversorgung von Krebszellen zu stoppen, könnte essenziell sein, um dem Tumorwachstum vorzubeugen und das Absterben von Krebszellen zu begünstigen. Bisher ist unser Immunsystem jedoch nicht in der Lage, diese Nährstoffversorgung zu unterbinden. Darüber hinaus ist nicht klar, wie ACSS2 aus einer Flüssigzellkomponente, genannt Cytosol, in den Zellkern gelangt – ein Prozess der als "nukleäre Translokation" bekannt ist. Wenn die nukleäre Translokation von ACSS2 verhindert werden könnte, würde auch die Fähigkeit der Krebszelle, sich selbst zu erhalten, gestoppt werden. "Stoffwechselbelastungen zu überkommen ist ein kritischer Schritt beim Wachstum solider Tumore. Acetyl-Coenzym A (CoA), das über Glukose- und Acetat-Aufnahme erzeugt wird, ist eine entscheidende Kohlenstoffquelle für wichtige zelluläre Prozesse wie Histon-Acetylierung und Genexpression", sagt Dr. Zhimin Lu, Professor für Neuro-Onkologie und leitender Forscher der Studie. "Doch wie Acetyl-CoA unter Ernährungsstress hergestellt wird, ist unklar. Unsere Studie erklärt den zugrundeliegenden Mechanismus mit ACSS2 als neuartige und wichtige Methode für die Genexpression unter diesen Umständen." ACSS2 ermöglicht die Herstellung von Zellstrukturen, die die Tumorentwicklung fördern.
Lu und seine Kollegen nutzten das Gen-Editing-Tool CRISPR, um die Rolle von ACSS2 in der Histon-Acetylierung durch die Erzeugung von nukleärem Acetyl-CoA aus Acetat im Zellkern zu untersuchen. Histone sind für die Genregulation von entscheidender Bedeutung. Sie sind Proteine, die als "Spulen" für die DNA dienen, um die sie sich windet. Histon-Acetylierung ist ein Modifizierungsprozess, der ein wichtiger Teil der Genexpression ist. So wurde herausgefunden, dass Histon-Modifikation mit einem metabolischen Enzym von zentraler Bedeutung ist, damit die Zellen stabil bleiben und sich damit auch Tumore entwickeln können. Das ACSS2-Enzym ermöglicht es, Lysosomen, die zur Tumorentwicklung beitragen, zu produzieren. Darüber hinaus fördert ACSS2 Autophagie – ein "kannibalistischer Zellfütterungsmechanismus" - der wiederum Lysosomen ermöglicht, wichtige Nährstoffe zu erhalten, zu verdauen und zu recyceln. Außerdem programmiert ACSS2 den Krebszellen-Metabolismus für das Zellüberleben und -wachstum auf zwei Arten um: durch Erhöhung der Autophagie und durch Wiederverwendung von Produkten, die durch Lysosomen verdaut werden.
Dr. Lu fasst zusammen: "Diese Erkenntnisse erklären ein Zusammenspiel zwischen der Umprogrammierung des Stoffwechsels und der Genexpression in Krebszellen. Das Hemmen der Kernfunktion von ACSS2 und des Stoffwechselwegs, bekannt als Glykolyse, der Glukose in tumorversorgende Energie umwandelt, scheint eine effiziente Methode für die Krebsbehandlung zu sein." Damit liefern die Forscher neue Informationen über die nukleäre Translokation und wie ACSS2 potenziell eine Rolle bei neuen Therapieansätzen für die Krebsbehandlung spielen könnte.