Eine erhöhte Blutgerinnungsneigung begünstigt das Fortschreiten und die Metastasierung von Lungenkrebs. Ob die Blutgerinnung darüber hinaus auch die Entstehung der Tumoren fördert, war bislang unbekannt. ForscherInnen vom Deutschen Krebsforschungszentrum sind nun erstmals einer möglichen Rolle der Blutgerinnung bei der Entwicklung von Lungenkrebs auf der Spur.
Die WissenschaftlerInnen untersuchten in der prospektiven EPIC-Heidelberg-Studie, ob prädiagnostische Marker der Blutgerinnung herangezogen werden könnten, um das Lungenkrebsrisiko vorherzusagen. Dazu bestimmten sie die Menge verschiedener an der Blutgerinnung beteiligter Faktoren, wie z. B. Fibrinogen, lösliche Glykoproteine, lösliches P-Selektin und andere.
Diese charakteristischen Eiweiße der Blutgerinnung wurden in Ausgangsblutproben von 2.480 EPIC-TeilnehmerInnen ermittelt. Mit diesen Ausgangswerten wurden dann die Gerinnungsfaktor-Konzentrationen von 190 EPIC-TeilnehmerInnen verglichen, die im Laufe der Nachbeobachtungszeit der EPIC-Studie an Lungenkrebs erkrankt waren.
"Sowohl eine höhere Blutkonzentration von Fibrinogen als auch von löslichem P-Selektin weit vor dem Auftreten der Erkrankung waren in unserer Arbeit signifikant mit einem höheren Lungenkrebsrisiko verknüpft", beschreibt Erstautorin Mirja Grafetstätter das Hauptergebnis der Studie. "Dies ist der erste Hinweis darauf, dass eine gesteigerte Gerinnungsaktivität nicht nur einen bereits bestehenden Lungenkrebs fördert, sondern an dessen Entstehung beteiligt sein könnte. Ein ursächlicher Zusammenhang muss jedoch in weiteren Studien noch getestet werden."
"Mit der aktuellen Arbeit stützten wir erstmals mit einer prospektiven Studie die Hypothese, dass eine gesteigerte Blutgerinnungsneigung die Entstehung von Lungenkrebs fördern könnte", sagt Studienleiter Tilman Kühn Der deutlichste Zusammenhang zwischen Krebsrisiko und Blutgerinnung besteht demnach für zwei Proteine der Blutgerinnungskaskade, das Fibrinogen und das lösliche P-Selektin. Ob die Konzentrationen beider Eiweiße zukünftig möglicherweise als prädiagnostischer Marker für das individuelle Lungenkrebsrisiko herangezogen werden können, kann allerdings erst nach Überprüfung der aktuellen Ergebnisse in unabhängigen Studien entschieden werden.
Quelle:
Mirja Grafetstätter, Anika Häusing, Sandra Gonzalez Maldonado, Disorn Sookthai, Theron Johnson, Laura Pletsch-Borba, Verena A. Katzke, Michael Hoffmeister, Peter Bugert, Rudolf Kaaks, and Tilman Kühn: Plasma Fibrinogen and sP-Selectin are Associated with the Risk of Lung Cancer in a Prospective Study.
Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2019, DOI: 10.1158/1055-9965.EPI-18-1285