Interventionelle Verfahren zur Schmerztherapie sind bei 10 % bis 15 % der Patienten im Endstadium einer Krebserkrankung angezeigt – hier bietet sich ein weites Betätigungsfeld für Pflegekräfte. Die Therapiemaßnahmen für solche Patienten sollten rechtzeitig im Rahmen eines Advanced Care Planning überlegt und festgelegt werden. Beide Themen wurden bei einem Symposium zu innovativen Pflegekonzepten beim DGHO-2017-Kongress in Stuttgart diskutiert.
Das WHO-Schema zur Schmerztherapie umfasst drei Stufen mit der Gabe von Nicht-Opioid-Analgetika in Stufe 1, Einsatz schwacher Opioide plus nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) in Stufe 2 und der Gabe von starken Opioiden in Stufe 3. Zur Behandlung von Krisen bei Patienten mit schweren chronischen Schmerzen schlug Vargas-Schaffer 2010 ein adaptiertes WHO-Schema mit einer vierten Stufe vor. Diese beinhaltet interventionelle Verfahren wie intravenöse oder subkutane patientenkontrollierte Analgesie (PCA), periphere Nervenblockaden, rückenmarksnahe Verfahren, Neurolyse oder Infiltrationen.
Nach Aussage von Dr. sc. med. Monika Kirsch, Basel, reichen die ersten drei Stufen bei 10 % bis 15 % der Patienten mit Krebserkrankungen nicht mehr aus, sie müssen mit Verfahren der Stufe 4 behandelt werden. Allerdings werden die interventionellen Verfahren – so Kirsch – zu selten eingesetzt. Gründe sind beispielsweise, dass sie bei den Behandlern nicht ausreichend bekannt sind. Häufig fehlt die Erfahrung in der Durchführung der Verfahren und der Betreuung der Patienten. Zudem muss mit der Anästhesie eine weitere Fachrichtung in das Palliative Care Team integriert werden. Ungeklärt ist vor allem die Nachbetreuung. Interventionelle Verfahren werden oft auch von den Patienten abgelehnt, weil sie ihnen zu aufwändig sind, ihnen die Technik unbekannt ist und sie Angst macht. Diese Ängste der Patienten müssen ernst genommen werden. Wichtig ist, den Patienten mit einem Advanced Care Planning (ACP) auf derartige Situationen vorzubereiten, um ein "Zu-Spät-Phänomen" zu vermeiden.
Ein peripherer Block mit Blockade eines einzelnen Nervs oder eines Nervenplexus mit einem Lokalanästhetikum ist indiziert bei pathologischen Frakturen oder Skelettmetastasen. Nebenwirkungen können motorische Schwäche oder Parästhesien sein. Auf Intoxikationen durch die Lokalanästhetika bei versehentlicher intravasaler Gabe ist zu achten. Ein Block kann über 3 bis 7 Tage, in Ausnahmefällen auch länger eingesetzt werden.
Die intrathekale Schmerztherapie erfolgt mit einem unterhalb der Dura mater liegenden Katheter, der im Lumbalbereich eingeführt und dann nach kranial bis zur gewünschten Position vorgeschoben wird. Der Katheter ist getunnelt, um das Infektionsrisiko zu minimieren und ein ausreißen zu verhindern. Die intrathekale Schmerztherapie ist in der palliativen Situation bei insuffizienter Schmerztherapie mit hohem Opioidverbrauch und/oder hoher Belastung des Patienten aufgrund von Nebenwirkungen der Opioide zu erwägen. Hierbei sind die individuelle Patientensituation, Wünsche, Möglichkeiten und auch die Adhärenz zur vorgeschlagenen Behandlung zu berücksichtigen. Katheterbedingt können als Komplikationen unter anderem Kopfschmerzen (cave neurologische Infektionen), Katheterinfektionen, Liquorverlust, Katheterdefekte oder ein Kathetergranulom auftreten.
Kirsch sieht für spezialisierte Pflegefachpersonen in der interventionellen Schmerztherapie eine Vielzahl von Aufgaben wie Beratung, Information und Anleitung des Patienten und seiner Angehörigen, die Beobachtung des Patienten mit Beurteilung und Überwachung von Wirkungen und Nebenwirkungen der Therapie sowie deren Dokumentation. Sie können Pumpen bedienen und technisches Wissen einbringen. Wichtig ist auch die psychosoziale Begleitung von Patienten und Angehörigen in dieser herausfordernden Phase der Erkrankung. Unabdingbare Voraussetzung für eine interventionelle Schmerztherapie ist die exzellente Vernetzung, denn sie ist nur im interdisziplinären Behandlungsteam möglich.
Die Entscheidung darüber, welche medizinischen Maßnahmen am Lebensende angewendet werden sollen und dürfen ist mit dem neuen Konzept des Advanced Care Planning (ACP) oder Behandlung im Voraus planen (BVP) erleichtert, das Elisabeth Krull, Fachkraft für onkologische Pflege und Palliative Care, Weihmichl, vorstellte.
Das ACP-Konzept besteht aus zwei Ebenen. Die persönliche, individuelle Ebene umfasst einen professionell begleiteten Gesprächsprozess, in dem sich interessierte Menschen mit ihren persönlichen Wünschen für zukünftige medizinische Behandlungen bei Einwilligungsunfähigkeit auseinandersetzen, um diese verständlich zu dokumentieren. Eine systemische Ebene mit institutioneller und regionaler Implementierung muss dafür sorgen, dass die Vorausverfügungen sicher verfügbar sind und zuverlässig berücksichtigt werden.
Die herkömmlichen Patientenverfügungen sind nur für ganz bestimmte Situationen vorgesehen wie das Endstadium einer schweren Erkrankung, fortgeschrittene Demenz oder Wachkoma. Die ACP-Verfügungen sind deutlich differenzierter, aussagekräftiger für Vertreter und Behandler und werden in definierten Dokumenten erfasst.
Zum Konzept gehört die Legimitation eines Vertreters sowie als Grundlage eine ausführliche Werteanamnese. Festgelegt werden soll die Behandlung bei dauerhafter Einwilligungsunfähigkeit und bei zusätzlichem Auftreten unerwarteter Kristen. Hierzu kann eine ärztliche Anordnung für den Notfall erarbeitet werden. Weiterhin sind die stationäre Behandlung bei Einwilligungsunfähigkeit unklarer Dauer sowie die Wünsche und Besonderheiten zur palliativen Pflege zu erfassen und zu dokumentieren.
Um die Aktivitäten zu bündeln, Schulungen und Treffen durchzuführen wurde im Februar 2017 die Deutschsprachige Interdisziplinäre Vereinigung zur Behandlung im Voraus Planen e. V. (DIV-BVP gegründet.
Referenzen:
1. Kirsch, M. Interventionelle Schmerztherapie: Schmerzlinderung bei komplexen Schmerzen in der Onkologie – Welche Rolle kann die Pflege einnehmen? DGHO 2017, Stuttgart, 30. September 2017.
2. Krull, E. Advanced Care Planning – ACP, Behandlung im Voraus planen – BVP. Neue Aufgabenfelder für Pflegende?! DGHO 2017, Stuttgart, 30. September 2017.