"An Rheuma leidet man, an Rheuma stirbt man nicht", sagt der Volksmund. Sieht man sich nackten Zahlen an, so stimmt das nicht. Die standardisierte Mortalitäts-Ratio (SMR) betrug für Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) 1,54 (95 Prozent-CI 1,41–1,67), wie prospektive Kohortenstudien zeigen. Eine Ursache sind Glukokortikoide, deren Einsatz das Mortalitätsrisko (HR 1,97, 95 Prozent-CI 1,81–2,15) bei Patienten mit rheumatoider Arthritis erhöht. Die häufigste Ursache für ein vorzeitiges Versterben sind dann kardiale Ereignisse (1,24 (95 Prozent-CI 1,05–1,43).
Eine aktuelle Metaanalyse belegt, dass RA-Patienten ein RR von 1,69 (1,5-1,9) für einen Herzinfarkt (MI) haben. Das Risiko ist bei der RA sogar größer als Patienten mit Psoriasisarthritis und Gicht, deren Wahrscheinlichkeit, einen MI zu erleiden, ebenfalls erhöht ist. Das relative Risiko ist bei jüngeren Arthritis-Patienten erhöht, und zwar auch schon zu Beginn der Erkrankung auf deutliche Weise. Eine hohe Entzündlichkeit und aktive Krankheitsphasen steigern das kardiovaskuläre Risiko. Eine Angina pectoris als klinisches Warnsignal ist sogar eher seltener als in der Normalbevölkerung. Daten aus verschiedenen Registern belegen im Umkehrschluss, dass die Kontrolle der Krankheitsaktivität der RA ein wesentlicher Faktor zu Verminderung des Mortalitätsrisikos ist: HRadj für TNF-Blocker=0,64 (95 Prozent CI 0,50 - 0,81) im deutschen Rabbit-Register und 0,61 (95 Prozent CI 0,41 -0.89) im britischen Register. Daten aus dem schwedischen Register zeigen, dass RA Patienten, die gut auf eine TNF Therapie ansprechen, kein erhöhtes akutes Koronarsyndrom mehr haben im Vergleich zur Normalbevölkerung.
Zusammenfassend zeigen die Daten, dass die Kontrolle der Entzündung bei RA und anderen rheumatischen Erkrankungen ein wesentlicher Faktor für das Überleben der Patienten ist. Aber das ist nicht alles. Weitere Analysen zeigen, dass bekannte Risikofaktoren für Arteriosklerose wie Rauchen ein vorzeitiges Versterben von RA zusätzlich begünstigen. Eine aktuelle Studie aus den Niederlanden zeigt, dass Risikofaktoren wie eine Hypercholesterinämie und ein arterieller Hypertonus in mehr als der Hälfte der Fälle nicht oder nicht ausreichend behandelt werden.
Deshalb empfiehlt die DGRh im Rahmen der "Klug entscheiden"-Kampagne der DGIM: Das kardiovaskuläre Risikoprofil von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen soll bestimmt und gegebenenfalls reduziert werden. Ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist durch "Lifestyle-" und gegebenenfalls medikamentöse Intervention zu reduzieren.
Die EULAR hat ihre Empfehlungen zum Risikomanagement kardiovaskulärer Erkrankungen bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen gerade aktualisiert und empfiehlt darin zumindest regelmäßig alle fünf Jahre eine Beurteilung durch den Rheumatologen. Neben diesen durch die allgemeine Entzündung und die Medikation verursachten kardiovaskulären Komorbiditäten können rheumatische Erkrankungen auch das Herz betreffen. Die Folge davon sind Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündungen, Klappenveränderungen oder sehr selten auch Entzündungen der Koronargefäße. Das DÄB veröffentlicht dazu aktuell eine umfassende Zusammenstellung. Diese direkten Beteiligungen des Herzes verschlechtern die Gesamtprognose der "Rheumapatienten" noch einmal und bedürfen deshalb einer besonderen Beachtung. Zunehmend sensitivere Verfahren erlauben hier ein frühzeitiges Erkennen und eine gezielte Behandlung.
Die Übersichtsarbeit ist im Deutschen Ärzteblatt erschienen.