Dass ältere Menschen durch das neue Corona-Virus besonders gefährdet sind, wissen wir schon lange. Leider sind sie aber auch von den Maßnahmen besonders betroffen, die dazu dienen, sie vor Infektionen zu schützen. Während große Teile des Arbeits- und Privatlebens nun über digitale Kanäle organisiert werden, ist das für Menschen in Alten- und Pflegeheimen nicht so ohne weiteres möglich. Für sie hat die Einschränkung sozialer Kontakte eine gravierendere Bedeutung als für diejenigen, die mit der Nutzung digitaler Kanäle vertraut sind.
Mein Großvater ist 83 Jahre alt. Er ist seit ungefähr drei Jahren allein zu Hause, da seine Frau zum Pflegefall geworden ist und ins Heim musste. Sie war gestürzt und musste operiert werden - danach trat ein Delir auf. Er hatte Glück, dass sie einen Pflegeplatz in der Nähe der Wohnung bekommen hat. Er hat sie seitdem täglich besucht und konnte dort auch immer zu Mittag essen. Alleine gekocht hat er schon seit 20 Jahren nicht mehr. Er geht zwar mal zum Bäcker oder Zeitungsladen, sonst übernehmen meine Mutter und mein Onkel aber die Einkäufe für ihn und besuchen ihn auch mehrmals die Woche.
Und was hat sich jetzt durch die Corona-Krise für ihn verändert?
Das Pflegeheim hat Besuche zum vergangenen Wochenende verboten. Jetzt kann er sich nur noch telefonisch nach der Gesundheit seiner Frau erkundigen, sie aber nicht mehr persönlich sehen. An vielen Tagen schläft sie nur, an manchen ist sie etwas wacher, dann kann er etwas mit ihr sprechen. Er hat natürlich jetzt Angst, dass sie eines Tages nicht mehr aufwacht und er sie dann nicht mehr gesehen hat. Da er ja jetzt auch nicht mehr zum Mittagessen kommen darf, organisiere ich für ihn ein System, mit dem er nicht mehr vor die Tür muss – weder zum Essen gehen noch zum Einkaufen.
Klappt das?
Die Essenslieferung konnte ich über das DRK organisieren. Da kann man online bestellen, und sie liefern dann. Wir haben das schon ausprobiert, und das hat gut geklappt. Mit den Einkäufen ist es schwieriger. Die Bringdienste sind völlig ausgelastet. Es wird wohl eher so laufen, dass jemand aus der Familie einkaufen muss und es ihm vor die Tür stellt, das ist jedoch schwierig zu organisieren. Alte Leute sind ja auch so in ihrem Rhythmus. Er ist es gewohnt, alle zwei Tage Pfannkuchen vom Bäcker zu holen für sein Frühstück. Sowas kann man ja gar nicht bestellen. Aber wenn wir ihm keine Alternative bieten, dann geht er trotzdem selbst los, egal was wir ihm sagen.
Was denkst du, ist in dieser Situation das größte Problem?
Ein großes Problem ist die Isolation. Sonst hatte er immer täglich ein bisschen Menschenkontakt. Wir in der Familie möchten ihn aber auch nicht anstecken und werden daher von Besuchen absehen. Ich habe auf seinem Tablet Skype und Whatsapp installiert, und obwohl die Technik eine Challenge ist, haben wir ein System gefunden: Es ruft jemand erst über Festnetz bei ihm an und sagt, dass er das Tablet zur Hand nehmen soll. Dann kann man ihn coachen, dass er den Videoanruf annehmen kann und seine Familie sieht. So versuchen wir, wenigstens einmal täglich nach dem Rechten zu sehen.