Sexuell übertragbare Infektionen haben in den vergangenen Jahren wieder zugenommen. Dr. Heiko Jessen, Präsident des STI-Kongresses 2016 und niedergelassener Arzt in Berlin, führt die Zunahme unter anderem darauf zurück, dass die Menschen risikofreudiger geworden sind – insbesondere auch Hochrisikogruppen. “Die Zeit der Kondompropaganda ist vorbei”, sagt Jessen. Diese hätte in den vergangenen 30 Jahren 15 Jahre lang gut funktioniert, aber in den letzten 15 Jahren eben auch nicht. “Die Jugend ist da müde geworden.” Es würde einer Hochrisikogruppe wie den MSM auch abschreckende Beispiele fehlen, da man mit HIV ein relativ normales Leben führen könne und Betroffene anders als früher nicht äußerlich entstellt seien. Partydrogen wie Chrystal Meth und GHB/GBL sieht er als eine weitere Ursache für die Zunahme von Infektionen, da sie das Präventionsverhalten ändern würden.
Insbesondere Hausärzte haben seiner Meinung nach eine enorme Bedeutung bei Prävention, Testung und Behandlung von infizierten Personen, da sie den Großteil der Patienten als erste sehen. “Es ist wichtig, dass alle Hausärzte wissen, dass ein HIV-Test eine Kassenleistung ist”, betonte Jessen. Ärzte müssten insbesondere in der Gesprächsführung besser geschult werden, um eine Anamnese bei sexuell übertragbaren Infektionen für diese Patientengruppe optimal durchführen zu können.