Sport stärkt das Immunsystem und trägt damit möglicherweise auch zu einem milderen Verlauf bei COVID-19 bei. SportpsychologInnen empfehlen, die derzeitige Phase der Entschleunigung dazu zu nutzen, den Tagesablauf neu zu strukturieren und in diesen Sport und Bewegung einzubauen. Wie das gelingt, lesen Sie bei esanum.
"Wenn es zu einer Infektion kommt, ist es vorteilhaft, gesundheitlich und in Bezug auf die eigene Fitness bestmöglich aufgestellt zu sein", sagte Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger, Neurologe und Leiter des Sportmedizinischen Instituts der Universität Paderborn. Der Mediziner rief uns alle gemeinsam zum Handeln auf: "Die körperliche Leistungsfähigkeit und das Immunsystem zu stärken, ist essenziell – in Zeiten von Corona sogar mehr denn je. Auch bislang nicht oder wenig Aktive sollten jetzt trainieren, wenn sie nicht an Krankheitssymptomen leiden. Sport erhält nicht nur die Fitness, sondern hilft dem Körper durch seine Wirkung auf die Abwehrkräfte dabei, mit Infektionen besser fertig zu werden." Gleichzeitig machte Reinsberger deutlich: "Das Infektionsrisiko als solches wird nicht verringert. Das Virus betrifft fitte und weniger fitte Menschen gleichermaßen – aber die Verläufe sind vermutlich unterschiedlich."
Eine zentrale Bedeutung komme Reinsberger zufolge vor allem der Eigenregulation des Immunsystems zu: "Neue Erreger provozieren Immunreaktionen, die in erster Linie dazu dienen, die Viren zu bekämpfen. Im Normalfall wird durch die Mechanismen der Eigenregulation sichergestellt, dass diese Reaktion nicht überschießt. Tut sie das doch, ist der komplette Organismus überlastet. Studien haben belegt, dass durch eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit auch die Prozesse der Eigenregulation optimiert werden. Das Ergebnis: Der Körper kann besser auf Infektionen reagieren."
Sport trägt also dazu bei, die körpereigenen Abwehrkräfte nachhaltig zu stärken. Der Wissenschaftler rät u. a. zu Ausdaueraktivitäten wie Joggen: "Eine moderate Intensität ist besonders zu empfehlen. Dabei wird das Immunsystem vermutlich am besten aktiviert. Von Extrembelastungen rate ich allerdings ab."
Positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System und verschiedene Organe wie insbesondere die Lunge seien ebenfalls durch die medizinische Forschung bestätigt, so Reinsberger, der in diesem Zusammenhang auch auf die positive Wirkung von Sport auf Gehirn und Psyche verweist. Darüber hinaus sei der Zusammenhang zwischen körperlicher Fitness und dem Verlauf schwerer Erkrankungen in der Medizin zunehmend in den Fokus gerückt.
Sportpsychologin Prof. Dr. Anne-Marie Elbe von der Universität Leipzig klärte im Interview über Gefahren der aktuellen Situation und Möglichkeiten auf, den Sport neu für sich zu entdecken. Sie empfahl, diese Phase der Entschleunigung jetzt zu nutzen, um den Tagesablauf neu zu strukturieren und in diesen mehr Bewegung zu integrieren. Sport dürfe dabei aber auch nicht zur Ersatzdroge werden, warnte die Expertin.
Dieser Tage sei immer wieder zu hören, dass unserer Gesellschaft Langzeitschäden durch Bewegungsmangel in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und Homeoffice drohen. Und tatsächlich besteht diese Gefahr, dass sich Menschen während einer Ausgangs- beziehungsweise Kontaktsperre weniger bewegen, da viele Alltagsaktivitäten, die mit Bewegung verbunden sind, zum Beispiel der Weg zur Arbeit, entfallen und auch alle Sportangebote momentan nicht stattfinden sowie Sporteinrichtungen geschlossen sind.
Allerdings, so Frau Prof. Elbe, eröffne eine solche Situation auch die Chance, bestehende Verhaltensmuster zum Beispiel im Hinblick auf physische Inaktivität und Bewegungsmangel zu verändern und sich mehr Zeit für Bewegung zu nehmen.
Viele Menschen berichten, dass sie momentan mehr Zeit haben, weniger gestresst und zum Teil sogar gelangweilt sind. Diese Phase der Entschleunigung können Sie nutzen, um Ihren Tagesablauf neu zu strukturieren und in diesen mehr Bewegung zu integrieren. Online gibt es mittlerweile eine Vielzahl verschiedener Sportkurse, an denen Sie vom Wohnzimmer aus teilnehmen können.
Probieren Sie doch ruhig einmal etwas Neues aus, das Sie bisher noch nicht kannten, beispielsweise Zumba, Yoga oder ähnliches. Und, glücklicherweise dürfen wir all noch unsere Wohnungen zum Spazierengehen, Jogging oder zum Fahrradfahren verlassen. In Bayern oder auch in Großbritannien werden die Menschen mittlerweile regelrecht ermuntert, sich täglich an der frischen Luft zu bewegen, was auf die menschliche Psyche überaus motivierend wirkt und das gerade noch bei steigenden Temperaturen und Sonnenschein. Beachten Sie jedoch die Kontaktbeschränkungen!
Die sportliche Betätigung soll vor allem wohltuend wirken, einen Ausgleich schaffen und das Immunsystem stärken. Es gehe jedoch nicht darum, den Sport als Ersatzdroge zu entdecken, denn das kann im schlimmsten Fall zu einer Sportsucht führen.
Die Forschung zeigt, welche positiven Auswirkungen regelmäßiges, nicht exzessives Sporttreiben auf die Stimmung hat. Es lenkt von negativen Gedanken ab, kann das Selbstwertgefühl stärken, depressive Verstimmungen und Angst reduzieren, die Konzentration steigern und sich positiv auf den Schlaf auswirken. "Wenn Menschen diese Zeit der Ausgangs- beziehungsweise Kontaktsperre nutzen, um solche Erfahrungen mit sportlicher Aktivität zu sammeln, dann könnten sie, anstatt zu einem Bier zu greifen, einen Spaziergang um den See oder eine schöne Fahrradtour machen. Dabei würden sie auch gleichzeitig ihre Gesundheit stärken und ihr Wohlbefinden steigern", so Frau Prof. Elbe.
Viele Sportvereine, sicher auch in Ihrer unmittelbaren Umgebung, bieten seit Kurzem Online-Trainings an, die alle Altersgruppen begeistern können. Kinder haben sehr viel Spaß daran, wenn sie sich zusammen mit den Eltern bewegen dürfen. Dabei sollten bei Kindern vor allem spielerische Formen zum Einsatz kommen, zum Beispiel ein Fahrtenspiel, eine Schnitzeljagd oder ein Orientierungs- beziehungsweise Abenteuerlauf.
Und was ist mit den Jugendlichen? Auch dort seien weder Hopfen noch Malz in Zeiten von Corona verloren, so die Sportpsychologin. Jugendliche ließen sich oftmals von Apps begeistern, die beispielsweise die Schritte zählen oder Entfernungen und andere Gesundheitsdaten messen. Darüber hinaus können sich Jugendliche auch für das Sporttreiben in virtuellen Gruppen organisieren und austauschen.
Nutzen Sie also die "freie" Zeit ruhig auch gemeinsam mit der Familie, wann immer möglich. In diesem Sinne, "Sport frei" und bleiben Sie gesund. Teilen Sie doch ganz einfach Ihre Erfahrungen hier auf esanum.de und motivieren Sie auf diese Weise auch gleich KollegInnen zu mehr Bewegung in der Krise.