DDG fordert gesundheitspolitische Maßnahmen für bessere Ernährung

Mädchen und Jungen aus benachteiligten Familien sind nach wie vor sehr viel häufiger von Übergewicht und Adipositas betroffen als Gleichaltrige mit hohem sozialen Status. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.

Gesunde Ernährung darf nicht vom sozialen Status abhängen

Mädchen und Jungen aus benachteiligten Familien sind nach wie vor sehr viel häufiger von Übergewicht und Adipositas betroffen als Gleichaltrige mit hohem sozialen Status. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS), die das Robert Koch-Institut zum dritten Mal in Folge durchgeführt hat.

Aus Sicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ist es gesellschaftlich und gesundheitspolitisch nicht zu verantworten, dass die soziale Herkunft die Gesundheit der Heranwachsenden derart stark beeinflusst. "Die Politik darf nicht dabei zusehen, dass die Chancen für ein gesundes Aufwachsen ungleich verteilt sind", sagt DDG-Präsident Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland. Bevölkerungsweite Präventionsmaßnahmen seien daher dringend erforderlich.

Laut Studie ist jedes siebte Kind in Deutschland zu dick: Über 15,4 Prozent der Kinder und Jugendliche zwischen drei und 17 Jahren sind übergewichtig, rund 5,9 Prozent sogar adipös. Gewichtszunahme im Kindes- und Jugendalter führt zu einem hohen Leidensdruck und wirkt sich negativ auf die Gesundheit der Heranwachsenden aus. So begünstigt ein hoher Body-Mass-Index (BMI) Störungen des Fettstoff- und Glukosestoffwechsels und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Diabetes Typ 2. Auffällig ist, dass Kinder und Jugendliche mit sozial schwachem Status die höchsten Risiken für Übergewicht, Zuckerkonsum und Bewegungsmangel haben. "Die Studie zeigt deutlich, dass Gesundheit in Deutschland von sozialen Herkunftskriterien abhängt", so Müller-Wieland.

Wie die Langzeitstudie belegt, sind sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche körperlich weniger aktiv als Gleichaltrige, was Übergewicht begünstigt. Obwohl der Anteil Heranwachsender, die täglich gesüßte Softdrinks zu sich nehmen, in den vergangenen zehn Jahren gesunken ist, liegt der Konsum von Softdrinks in Deutschland weiter auf hohem Niveau. 11- bis 17-Jährige trinken im Durchschnitt täglich über 300 Milliliter Cola, Fanta oder Ähnliches pro Tag – fast eine ganze Dose! Das entspricht 30 Gramm Zucker, etwa so viel wie in 65 Gramm (oder zwei Handvoll) Gummibärchen enthalten sind. "Auch hier ist der überproportional hohe Konsum bei sozial schwachen Kindern und Jugendlichen auffällig", bedauert Müller-Wieland. Insgesamt sind Heranwachsende aus bildungsfernen Schichten rund viermal so häufig von Adipositas betroffen wie sozial besser situierte Altersgenosse, bilanziert die KiGGS-Studie.

Zwar haben viele Kindertagesstätten und Schulen gesüßte Getränke aus ihrem Angebot gestrichen. Doch reicht das nach Auffassung der DDG bei Weitem noch nicht aus. "Für die Verpflegung in Schulen und Kitaeinrichtungen müssen die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung verbindlich eingeführt werden", plädiert DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer. Es sei offensichtlich, dass die bisherigen Präventionsstrategien insbesondere sozialschwache Bevölkerungsschichten nicht erreicht haben. Folgerichtig müsse endlich ein Paradigmenwechsel von einer Verhaltens- zu einer Verhältnisprävention erfolgen. "Gesunde Ernährung muss allen Kindern in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen zugänglich sein, unabhängig von ihrem Sozialstatus", so Bitzer.

Ebenso sollte täglich mindestens eine Stunde Sport in Kindertagesstätten und Schulen verpflichtend angeboten werden. Mehr als drei Viertel der Mädchen und zwei Drittel der Jungen in Deutschland verfehlen die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), knapp eine Stunde lang am Tag körperlich aktiv zu sein. "Es besteht akuter Bedarf an Bewegungsförderung", betont Bitzer.  

Auch ein gestuftes Mehrwertsteuersystem für Lebensmittel ist für die DDG längst überfällig. So sollten ungesunde Produkte mit hohem Anteil an Zucker, Fett und Salz sowie süße Softdrinks mit dem vollen Mehrwertsteuersatz belegt werden, gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse hingegen von der Mehrwertsteuer befreit werden. Ein sinnvolles Plus wäre eine zusätzliche Besteuerung von Soft Drinks mit 28 Prozent Mehrwertsteuer. Ebenso fordert die DDG ein Verbot für an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel. "Die Politik muss es den Menschen erleichtern, einen gesunden Lebensstil zu pflegen", sagt Müller-Wieland. "Das würde dazu beitragen, dass künftig immer weniger Menschen an Diabetes erkranken."

Quellen:
Robert Koch-Institut: Die allgemeine Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends