Mehrere hundert Menschen im Landkreis Donau-Ries in Bayern sollen mutmaßlich falsch ausgestellte Corona-Impfbescheinigungen einer Hausarztpraxis erhalten haben. Dies gaben am Dienstag Vertreter des Landratsamtes, der Polizei und der Staatsanwaltschaft in Donauwörth bekannt.
Es gebe bisherigen Erkenntnissen zufolge einerseits Betroffene, die nur für einen Stempel im Impfbuch in die Praxis gegangen seien und keine Spritze bekommen hätten, sagte Landrat Stefan Rößle (CSU). Andererseits gebe es Patient:innen, die davon ausgegangen seien, korrekt geimpft worden zu sein, obwohl dies wohl nicht der Fall gewesen sei.
Der Hausarzt wird verdächtigt, Patient:innen Impfausweise über Corona-Schutzimpfungen ausgestellt zu haben, ohne einen Impfstoff gespritzt zu haben. In der vergangenen Woche hatte die Kriminalpolizei die Praxis und die Wohnung des beschuldigten niedergelassenen Arztes durchsucht und Beweismittel beschlagnahmt. Nach Angaben des Chefs der Kripo in Dillingen, Michael Lechner, gab es in der Region zunächst Gerüchte über Unregelmäßigkeiten bei den Impfungen in der Praxis. Seit August folgten anonyme Hinweise bei der Polizei.
Nach einer Razzia hatte der Arzt seine Praxis zunächst selbst geschlossen. Der Landrat betonte, dass seine Behörde aufgrund der Vorwürfe verhindern wollte, dass die Praxis wieder Patient:innen behandelt. Dem Mediziner sei daher mittlerweile der Betrieb untersagt worden.
Unklar sei weiterhin, wie die Impfungen bei dem Hausarzt abgelaufen sind. Möglich wäre, dass den Patient:innen unwissentlich eine einfache Kochsalzlösung injiziert wurde. Einen ähnlichen Fall gab es im Impfzentrum des norddeutschen Kreises Friesland in Niedersachsen. Dort soll eine Krankenschwester Spritzen mit Kochsalzlösung statt mit Impfstoff aufgezogen haben. Etwa 10 000 Betroffene sollen deswegen dort nachgeimpft werden.
Nach bisherigen Darstellungen scheint es aber auch so gewesen zu sein, dass Impfskeptiker gezielt die Praxis aufsuchten, nur um sich eine Bescheinigung zu holen. Von dem Arzt gibt es noch keine Stellungnahme zu den Vorwürfen. Die Ermittler lassen bislang auch offen, ob der Mann schon vernommen wurde. Seit Montag werden die Patient:innen des Arztes vom Gesundheitsamt getestet, ob sie ausreichend Antikörper gebildet haben. Mehr als 130 Männer und Frauen hätten bereits am ersten Tag von dem Angebot Gebrauch gemacht, hieß es.
Laut Oberstaatsanwalt Andreas Dobler kommen Urkundendelikte oder Körperverletzungsdelikte als mögliche Straftatbestände in Frage. Die Ermittlungen stünden am Anfang. Bislang steht auch nur der Hausarzt im Fokus der Untersuchung. Ob auch gegen Patient:innen, die sich wissentlich falsche Bescheinigungen geholt haben, ermittelt werden könnte, ist noch offen.