Herr Dr. Schorrlepp, worin sehen Sie die Hauptaufgabe der AG?
Das Wichtigste ist die Vernetzung und der Kontakt mit anderen Internist*innen. Es ist uns ein großes Anliegen, innerhalb der Fachgesellschaft wahrgenommen zu werden und unsere Expertise, unsere Erfahrungen als internistische Hausärzt*innen einzubringen. Und das ist ja auch bereits gelungen in den vergangenen zwei Jahren, seit die AG im April 2018 gegründet wurde. Meine Vorgängerin, Dr. Eva Hintz, hat hier exzellente Arbeit geleistet. Wir konnten uns auf dem Kongress mit eigenen Symposien präsentieren, aber auch in den Fachzeitschriften. So erscheint jetzt bereits das zweite Hausarzt-Heft im Internisten.
Dazu gehört auch eine Positionierung in der Öffentlichkeit?
Auf jeden Fall. Wir möchten, dass die Tätigkeit der hausärztlichen Internist*innen bekannter wird, unter Kolleg*innen und in der Öffentlichkeit. Das ist sehr wichtig, schließlich gehören wir zu den Primärversorgern und stellen fast ein Drittel aller Hausärzte, das sind über 12.000 hausärztliche Internist*innen in Deutschland.
In Ihren Kernaufgaben haben Sie bei Gründung auch die Förderung der konstruktiven Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen definiert.
Wir arbeiten mit einem Großteil der internistischen Fachdisziplinen eng zusammen. Deshalb ist uns auch ein Austausch innerhalb der DGIM mit diesen Disziplinen wichtig. So sind wir jetzt in verschiedenen AGs vertreten, sei es im Weiterbildungsausschuss oder in der Konsensus Kommission „Klug entscheiden“. Gerade die „Klug entscheiden“-Empfehlungen haben eine große Bedeutung in der hausärztlichen Medizin. Wir sind zudem beteiligt an der Leitlinienarbeit und der digitalen Transformation. Auf der Homepage der DGIM sind alle Ressorts, in denen wir mitarbeiten, aufgeführt und eine Kontaktadresse. Wir freuen uns über Interesse.
Wie steht es um die Förderung der Wissenschaft im hausärztlichen Bereich?
Das ist uns ein sehr großes Anliegen. Meine Stellvertreterin Dr. Irmgard Landgraf ist Mitglied der Kommission Digitale Transformation und hier im Schwerpunkt Digitale Versorgungsforschung tätig. Wie wichtig das ist, merken wir gerade jetzt in der Corona-Pandemie. Wir sind diejenigen, die sich mit den internistischen Erscheinungsformen der COVID-19-Erkrankung gut auskennen. Wir haben im Rahmen unserer Ausbildung alle auf der Intensivstation gearbeitet, wir haben alle Beatmungspatienten betreut, wir haben eine gute kardiologische und pulmologische Ausbildung bekommen. Wir sehen die Patienten in der akuten Krankheitsphase und auch danach. Wie geht es denn unseren Patienten nach einer schweren COVID-19-Erkrankung? Was sind deren Hauptprobleme? Das ist nur ein Teil dessen, was von größter Wichtigkeit ist und einer guten Versorgungsforschung bedarf. Bei uns laufen die Fäden zusammen.
Die Pandemie ist eine große Herausforderung für die Hausärzte. Wie kann die AG hierbei unterstützen?
Wir sind im intensiven Austausch. Die derzeitigen größten Belastungen sind Folge der vielen Neuerungen. Jeden Tag bekommen wir unterschiedliche Abrechnungs- und Codierungsvorgaben, müssen neue Bestimmungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes umsetzen. Das Ganze wird begleitet von der Sorge, sich selbst anzustecken oder eine Infektion mit nach Hause zu nehmen und Angehörige zu infizieren. Der Austausch untereinander ist im Moment sehr wichtig.
Wir haben nun gehört, was alles bereits erreicht wurde. Was sind die Ziele für die nächsten Jahre?
Eines unserer Hauptziele ist das Thema „Klimaschutz und Gesundheit“, dazu haben wir auch ein eigenes Ressort geschaffen. Ansprechpartnerin ist Dr. Susanne Balzer aus Köln, die ganz hervorragend in diesem Thema vernetzt ist. Das wird auch innerhalb der DGIM ein großes Thema sein. Die Digitale Transformation ist ein weiteres Hauptziel, wie schon erwähnt. Darüber hinaus wollen wir den Kontakt zu jungen Kolleg*innen verstärken, auch zu Fragen der Niederlassung. Sich als hausärztliche Internist*in niederzulassen, ist eine internistisch anspruchsvolle und attraktive Option.
Was bedeutet Klimaschutz und Gesundheit konkret im hausärztlichen Bereich?
Dazu gehört auf der einen Seite, welche Bedeutung die Klimaveränderung für Erkrankungen unserer Patienten hat, etwa Lungenerkrankungen durch Luftverschmutzung, Allergien durch eine längere Pollenperiode, mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Hitzebelastungen. Das schließt aber global gedacht auch die Migration und Katastrophen mit ein und in der Folge davon Gesundheitsschäden durch den Missbrauch von Alkohol und Drogen, ebenso wie psychische Erkrankungen. Andererseits bedeutet Klimaschutz und Gesundheit, sich darüber Gedanken zu machen, wie wir eine klimafreundliche Praxis einrichten können, z. B. welchen Stromanbieter haben wir? Wie sieht es aus mit der eigenen Mobilität und der der Mitarbeiter? Können wir mehr auf Fahrrad und Nahverkehr setzen und das auch bei unseren Patienten bewerben? Und in der Folge wäre es wünschenswert, auch einen Impuls zu geben an die Hersteller von Medizinprodukten, ob wirklich überall so viel Verpackungsmüll anfallen muss.
Das Gespräch führte Katharina Weber
Dr. Marcel SchorrleppZur Person
Dr. med. Marcel Schorrlepp hat in Mainz Humanmedizin studiert und im dortigen Universitätsklinikum auf der Intensivstation gearbeitet. Dann wechselte er ins Markus-Krankenhaus in Frankfurt, in den Schwerpunkt Gastroenterologie und Onkologie. Seit 2003 führt er eine Hausarzt-Praxis in Mainz, erst allein, seit 2010 gemeinsam mit einer allgemeinmedizinischen Kollegin.