Chlamydien sind gramnegative Bakterien, die sich ausschließlich im Inneren menschlicher Zellen vermehren. Dazu infizieren diese Erreger Schleimhautzellen des Genitaltraktes und werden von dort hauptsächlich beim Geschlechtsverkehr auf den Partner/die Partnerin übertragen.7 Allerdings werden Chlamydien nicht ausschließlich nur beim Geschlechtsverkehr übertragen. Die Bakterien nutzen ebenso andere Wege des Schleimhautkontaktes für eine Übertragung, z. B. beim Oralsex oder bei der gemeinsamen Nutzung von Sexspielzeugen. Das Kondom über dem Dildo sollte daher im gegenseitigen Interesse beim "Partnertausch" immer ausgetauscht werden.
Insbesondere die Chlamydia-trachomatis-Serovare D–K sind sexuell übertragbar. Beim Mann kommt es zunächst zu einer Urethritis (Einschlusskörperchenurethritis, Urethritis-Typ Waelsch), Frauen können zusätzlich Zervix-Entzündungen entwickeln. Nach einer Inkubationsdauer zwischen vier Tagen bis zu einem Monat kommt es bei symptomatischen PatientInnen zu glasigem, teils eitrigem Ausfluss, dem Fluor urethralis. Mitunter treten Schmerzen auf, wobei die Infektion für Frauen meist völlig asymptomatisch verläuft. Bei beiden Geschlechtern kann es zudem nach einem entsprechenden Kontakt zu einer Proktitis kommen.
Mittel der Wahl in der Diagnostik ist der Abstrich (zervikal, urethral, vulvovaginal, anal, konjunktival, pharyngeal) sowie ein sich daran anschließender Nukleinsäure-Amplifikationstest (NAAT). NAATs haben von allen direkten Nachweisverfahren derzeit die höchste Sensitivität bei einer Spezifität, die nahezu vergleichbar ist mit der Kultur.13
Cave: Im Falle von Proktitiden bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), oder bei bekannter HIV-Koinfektion sollte immer auch anal auf Chlamydien der Serovare L1-L3 getestet werden, um ein Lymphogranuloma venereum bei diesen Patienten auszuschließen!13 Ursprünglich ist die Lymphogranuloma venereum in tropischen und subtropischen Ländern beheimatet, betrifft aber in Europa mehr und mehr MSM bzw. HIV-Koinfizierte. Bei diesen Patienten empfiehlt sich eine ausführliche und sehr genaue Sexual-Anamnese hinsichtlich der angewendeten Sexualpraktiken, wie z. B. rezeptiver Analverkehr, Anilingus, Cunnilingus oder Sex-Toys. Das Wissen darüber erleichtert unter anderem die Diagnosefindung dieser bei MSM häufiger werdenden STI.7
Die Standardtherapie (mit Ausnahme von Schwangeren) für eine Infektion mit Chlamydien der Serovare A-C sowie D-K erfolgt mit Doxycyclin (100 mg 2x tgl. p.o.) für 7 Tage.7 Bei Lymphogranuloma venereum wird ebenfalls mit Doxycyclin 2 × 100 mg, jedoch für mindestens 3 Wochen therapiert. Alternativ kann eine Behandlung mit Azithrom.1,5 g p.o. an den Tagen 1, 8 und 15 erfolgen.
Die Gonorrhoe ist sexuell sehr leicht übertragbar. Das Bakterium Neisseria gonorrhoeae infiziert bevorzugt Schleimhäute und ist deshalb nicht allein auf den Genitalbereich des Körpers beschränkt. Die intrazellulären Diplokokken finden sich ebenso im Anal- sowie im Rachenbereich, wo die Infektion in vielen Fällen asymptomatisch verläuft und als Reservoir fungiert.7
Cave: Gonokokken sind in der Lage, sehr schnell Teile ihres Genoms untereinander auszutauschen. Über diesen Mechanismus verbreiten sich zunehmend Resistenzgene gegen Antibiotika. Mittlerweile wird bereits von Gonokokken-Stämmen berichtet, welche gegen fast alle gängigen Antibiotika resitent geworden sind.
Bei urethraler Infektion mit Neisseria gonorrhoeae kommt es beim Mann nach circa 2–6 Tagen zu einem typischen eitrigen Ausfluss, der, weil er vor allem morgens nach dem Aufwachen auftritt, als "Bonjour-Tropfen" bezeichnet wird. Beim Wasserlassen berichten Patienten in der Regel von einem glasscherbenartigen Brennen.7 Bei Frauen zeigt die Gonorrhoe in 50% der Fälle keinerlei Symptome, sodass sie hier häufig längere Zeit unentdeckt bleibt. Steigt die Infektion unbehandelt jedoch auf, gefährden die Bakterien die Fruchtbarkeit beider Geschlechter.7
Für die Gonokokken-Diagnostik werden derzeit die folgenden Verfahren empfohlen:10
Kultur (Selektivmedien, 5–10% CO2, 35–37°C, 70–80% relative Luftfeuchtigkeit) plus ggf. biochemische, molekulare oder massenspektrometrische Identifizierung,
NAAT (Material: Abstrich (urethral, zervikal, vulvo-vaginal, anal, konjunktival, pharyngeal), bei Männern auch Erststrahlurin),
Pharyngeal positive NAAT Ergebnisse mit zweitem Test bestätigen (NAAT mit anderem Target oder mittels Kultur),
Resistenzanalyse (für Gonokokken mit ihrer teils ausgeprägten Resistenzsituation mittlerweile in vielen Fällen notwendig).
Die Bakterienkultur ist auch in Zeiten der modernen Molekularbiologie noch immer der Goldstandard in der Diagnostik der Gonorrhoe. Sie ist besonders für Material aus Zervix, Urethra, Rektum und Rachen geeignet und zeigt für Proben aus dem Genitalbereich eine sehr hohe Sensitivität. In den vergangenen Jahren ist die Kultur durch den verbreiteten Einsatz von Nukleinsäure-Amplifikationstests (NAAT), die neben einer erhöhten Spezifität den Vorteil haben, gleichzeitig eine Chlamydieninfektion nachweisen zu können, etwas in den Hintergrund geraten. Jedoch zwingt die aktuelle Resistenzproblematik weiterhin zur Diagnostik mittels Kultur.14, 15
Cave: Besteht ein klinischer Verdacht auf eine Gonorrhoe, so sollte eine Erregerdiagnostik nicht nur urethral, sondern auch pharyngeal und anal erfolgen. Bei Diagnose einer Gonorrhoe ist ein Screening hinsichtlich weiterer STI (z. B. Chlamydien, Syphilis, HIV-Infektion) obligat. Beachten Sie bitte dabei, dass zur HIV-Testung eine Einverständniserklärung der jeweiligen PatientInnen vorliegen muss.
Für die Therapie von Neisseria gonorrhoe (Abb. 3) gelten zwei besonders wichtige Hinweise für die Praxis:
Eine Monotherapie mit Cefuroxim 400 mg, Azithrom. 1,5 g oder Ciproflox. 500 mg p. o. soll nur bei kulturell nachgewiesener Empfindlichkeit unternommen werden. Standard ist die kombinierte Therapie mit Ceftriaxon und Azithrom. (Abb. 3).
Bei der Behandlung der Gonorrhoe ist eine Partnertherapie immer zu empfehlen. Hintergrund: Eine durchlebte Infektion mit N. gonorrhoe schafft keine Immunität der PatientInnen, d. h. nach Absetzen der Antibiotikatherapie sind jederzeit Reinfektionen möglich. Um diesen "Ping-Pong-Effekt" zwischen beiden Partnern zu verhindern, sollten immer beide Partner entsprechend zeitgleich antibakteriell therapiert werden.
Trichomonaden sind mit 240 Millionen Infektionen weltweit die am häufigsten auftretenden sexuell übertragbaren Erreger.
Infektionen mit Trichomonas vaginalis verlaufen bei Frauen etwa zur Hälfte asymptomatisch, bei Männern sind es sogar bis zu 75%. Treten jedoch Symptome auf, so sind diese eher unspezifisch, wie beispielsweise Juckreiz und schmerzvolles Wasserlassen.
Unbehandelt steigern Trichomonaden das Risiko für schwere Spätfolgen: Sie erhöhen das Infektionsrisiko in Bezug auf HIV und andere Geschlechtskrankheiten. Darüber hinaus sind bei Männern und Frauen Trichomonas-assoziierte Tumoren beschrieben worden. Die Infektion fördert die Unfruchtbarkeit; bei infizierten Schwangeren kommt es häufig zur Frühgeburt.
Diagnostisch wurde lange Zeit vor allem die Mikroskopie genutzt, allerdings betrug die Sensitivität dabei nicht mehr als 50% bis maximal 65%.16 Die in den vergangenen Jahren entwickelten NAAT haben hingegen viel höhere Nachweisraten mit Sensitivitäts- und Spezifitätsraten zwischen 95% bis 100%.17 In einer Studie wurde beispielsweise durch die NAAT die Nachweisrate von 2,7% auf 13,5% angehoben.16
In der Regel wird entweder Abstrichmaterial aus der Urethra oder Vagina bzw. Urin untersucht. Bei Infektionen mit T. vaginalis ist aktuell empfohlen, ebenfalls auf andere STI (z.B. Chlamydien, Gonokokken, HPV) zu testen.
Für die Therapie eignen sich Nitroimidazole, wie z. B. das Metronidazol.10
Der Therapieerfolg sollte durch eine Kontrolltestung gesichert werden.7 Die Partnerbehandlung ist zudem auch hier angeraten.
Mit diesem Beitrag endet diese kleine Serie zum Thema “Geschlechtskrankheiten in der Urologie” erst einmal. Ausgehend von der Sexualanamnese ging es in den vergangenen Beiträgen um die geeignete Erregerdiagnostik bis hin zur Therapie ausgewählter STI. Sie haben hoffentlich ein paar Anregungen mitnehmen können für Ihre tägliche praktische Arbeit.
Auch im Namen von Prof. Dr. med. Norbert H. Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft (DSTIG), freuen wir uns über Ihr Feedback und ebenso über Fragen, Anregungen und Ihre Diskussionsbeiträge. Fragen Sie gern über die Kommentarfunktion nach, wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.
In 14 Tagen melden wir uns mit dem nächsten aktuellen Thema aus der Urologie zurück, bleiben Sie also in der Zwischenzeit gespannt.
Quellen:
7. Fuchs W & Brockmeyer NH. 2014. CME-Artikel: Sexuell übertragbare Infektionen. JDDG, doi:10.1111/ddg.12310
10. Leitfaden STI-Therapie der Deutschen STI-Gesellschaft (DSTIG), 2. Auflage, Version 2.1 (Stand: 10/2014)
13. Papp JR et al.,