EAU-Leitlinien 2020: Es gibt Neuigkeiten

Erst verschoben, dann ausgefallen und nun doch virtuell? Der EAU-Kongress 2020 hat dank Coronavirus eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Damit Sie dennoch im Bilde bleiben, gibt es heute für Sie zwei Neuerungen aus den EAU-Leitlinien 2020 zu PCa und Blasenkarzinom.

Erst verschoben, dann ausgefallen und nun doch virtuell? Der EAU-Kongress 2020 hat dank Coronavirus eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Damit Sie dennoch im Bilde bleiben, gibt es heute für Sie zwei Neuerungen aus den EAU-Leitlinien 2020 zu PCa und Blasenkarzinom.

Für beide Leitlinien – sowohl zum Prostatakarzinom als auch zum muskelinvasiven, metastasierten Blasenkarzinom – gibt es 2020 neben Literaturanpassungen und einigen geänderten Abbildungen vor allem zwei wesentliche Ergänzungen. Für das Prostatakarzinom wurde der Abschnitt 3.2.1 "Family history/genetics" nachgebessert, für das Blasenkarzinom ist es der neu eingefügte Punkt 3.2.5 "Metabolic disorders".

EAU-Leitlinie Prostatakarzinom 2020

Die Familiengeschichte, aber auch die ethnische Zugehörigkeit (Männer, z. B. aus Schwarzafrika) können ein erhöhtes Prostatakrebsrisiko bedingen. Dennoch haben weniger als 9% der Männer weltweit überhaupt ein rein hereditär erworbenes Prostatakarzinom (PCa), so die entsprechende EAU-Leitlinie. Definiert wird das "erbliche" PCa dadurch, dass es drei oder mehr Fälle von Prostatakrebs in der Familie gegeben hat, oder dass es bei mindestens zwei Betroffenen zu einem frühen Karzinom (< 55. Lebensjahr) kam.

Erblich vorbelastete Männer scheinen etwa sechs bis sieben Jahre früher an Prostatakrebs zu erkranken als die männliche Normalbevölkerung. Das Risiko für ein Hochrisiko-PCa ist bei betroffenen Männern im Alter von 65 Jahren um etwa 11,4% höher, wenn der Vater und zwei Brüder bereits erkrankt waren. In der Allgemeinbevölkerung liegt das Risiko bei lediglich 1,4%.

Genomstudien haben zudem gezeigt, dass es mittlerweile mehr als 100 Genloci gibt, die im Zusammenhang mit dem Prostatakarzinom eine Rolle spielen könnten. Bei metastasierten Patienten fand sich beispielsweise in 11,8% der Fälle eine Veränderung in Genen, die mit der DNA-Reparatur in Zusammenhang stehen. Besonders häufig waren dabei gemäß EAU-Leitlinie BRCA2 (5,35%), CHEK2 (1,9%), ATM (1,6%), BRCA1 (0,9%) sowie PALB2 (0,4%) betroffen.

Insbesondere genetische Veränderungen in BRCA1/2 und HOXB13 erhöhen das Risiko eines Mannes, ein Prostatakarzinom zu entwickeln. BRCA2 korrelierte dabei mit aggressiveren Hochrisiko-Karzinomen. Nach lokaler Therapie zeigte sich überdies, dass BRCA2-Träger eine deutlich schlechtere Prognose haben als Nichtbetroffene. Der Effekt eines BRCA1-Mutation bleibt indes weiterhin ungeklärt.

Aus diesen Erkenntnissen folgt auch die Ergänzung der Empfehlung der EAU-Leitlinie 5.1.2 "Guidelines for screening and early detection", dass folgende gut-informierte Männer nun einen frühen PSA-Test angeboten bekommen sollen:
> 50 Jahre, > 45 Jahre mit PCa-Familiengeschichte, Männer mit afrikanischen Wurzeln und einem Alter > 45 Jahre sowie Männer mit BRCA2-Mutation und einem Alter > 40 Jahre. (Empfehlungsgrad: 2b)

EAU-Leitlinie zum metastasierten Blasenkarzinom

In der Leitlinie zum muskelinvasiven, metastasierten Blasenkarzinom gab es u. a. eine wesentliche Ergänzung im Kapitel Ätiologie. Unter dem Punkt 3.2.5 werden nun metabolische Risikofaktoren diskutiert. Aus prospektiven Studien ist mittlerweile bekannt, dass insbesondere hohe Blutfettwerte und Hypertonie das Risiko von Männern für Blasenkrebs erhöhen können. Ein hoher Body-Mass-Index (BMI) indes scheint eher mit einem niedrigeren Risiko einherzugehen. Insgesamt unterscheidet sich das Blasenkrebsrisiko bei Männern und Frauen mit Blick auf metabolische Faktoren signifikant.

Der Einfluss eines Diabetes mellitus Typ 2 auf das Blasenkarzinom-Risiko ist hingegen weiter umstritten. Subgruppenanalysen zeigten zuvor ein erhöhtes Risiko für Männer mit Diabetes Typ 2, an einem Blasenkrebs zu versterben. Darüber hinaus finden sich Hinweise darauf, dass einige Diabetes-Medikamente, wie z. B. Pioglitazon, dosis- und behandlungsdauer-abhängig das Krebsrisiko erhöhen könnten. Daher sollte das Präparat bei PatientInnen mit Blasenkarzinom-Geschichte nicht verschrieben werden (starke Empfehlung) – in vielen europäischen Ländern ist es ohnehin bereits von den Zulassungslisten oder wie in Deutschland zumindest aus der Erstlinientherapie bei Diabetes mellitus Typ 2 verschwunden.

Quellen:
Mottet N et al., EAU Guidelines on Prostate Cancer 2020; https://uroweb.org/guideline/prostate-cancer/ [letzter Zugriff am 06.04.2020]
Witjes JA et al., EAU Guidelines on Muscle-invasive and Metastatic Bladder Cancer 2020; https://uroweb.org/guideline/bladder-cancer-muscle-invasive-and-metastatic/ [letzter Zugriff am 06.04.2020]