Die moderne Therapie der rheumatoiden Arthritis sollte neben der Wirksamkeit und Sicherheit neuer Wirkstoffe ebenso die von den Patientinnen und Patienten berichteten Endpunkte berücksichtigen. Diese sind eine wichtige Grundlage für die gemeinsame Entscheidungsfindung, so Frau Prof. Alten zum Auftakt ihres Vortrages.
Eine Patientin, Jahrgang 1957, stellte sich nach Nephrektomie rechts, mit einer eingeschränkten GFR von 40 und einem Kreatinin-Wert von 110 µmol/l vor. Sie war zudem bei einer Körpergröße von 1,56 m und einem Körpergewicht von 76 kg stark übergewichtig (BMI = 32 kg/m2). Auffällig waren überdies rezidivierende Herpes-simplex-Effloreszenzen in der Glutealregion.
Im Jahr 2018 hatte die Patientin eine Erstdiagnose einer rheumatoiden Arthritis sowie eine Therapie mit Methotrexat (MTX) erhalten. Trotz regelmäßiger MTX-Einnahme leidet die Patientin nach 4-jähriger Therapiedauer unter einer hohen Krankheitsaktivität (DAS 5,15; CDAI 24; FFBH 55%). Aufgrund der deutlich eingeschränkten Nierenfunktion ist jedoch die weitere Dosiserhöhung über 10 mg MTX hinaus nicht möglich. Eine Umstellung auf s.c. lehnt die Patientin ab. Sie möchte gern weiterhin zweimal pro Jahr verreisen können, was ihr trotz oder gerade wegen ihrer Krankheitslast sehr wichtig ist. Daraufhin wurde mit der Patientin eine Therapieumstellung auf einen JAK1-Inhibitor im Sinne einer gemeinsamen Entscheidungsfindung erörtert.
"Wir geben bei einer Therapieumstellung nicht nur einen Zettel aus. Als Arzt oder Ärztin muss man da schon ganz detailliert mit den Patienten sprechen", erläuterte Frau Prof. Alten ihr Vorgehen in einer solchen Situation. Für die Patientin bedeutete eine Umstellung auf Filgotinib zudem eine gute Wirksamkeit schon in geringer Dosierung von 100 mg pro Tag sowie eine hohe Dosisflexibilität – klare Vorteile mit Blick auf die Wünsche der Patientin nach größerer Unabhängigkeit sowie ihrer eingeschränkten Nierenfunktion.
Für die Ermittlung der aus Patientensicht wichtigsten Symptome der rheumatoiden Arthritis empfiehlt Frau Prof. Alten den von der EULAR entwickelten RAID Fragebogen. Dieser kann bereits im Wartezimmer ausgefüllt werden und beantwortet u. a. die Frage, was eigentlich das schlimmste Symptom für die betreffende Patientin oder den Patienten ist. Besonders interessant: Auch der Schlaf wird hier abgefragt.
Die Patientin im Fallbeispiel wertete die Schmerzen und die Fatigue für sich am höchsten. Beides beeinflusste ihr Wohlbefinden erheblich. Ihr RAID-Wert lag daher auch bei 6,43, d. h., dass die Patientin sehr durch ihre Erkrankung belastet war. Mit der Fatigue als Hauptursache für die verminderte Lebensqualität war die Grundlage für das sich daran anschließende Patientengespräch und die Therapieumstellung gefunden.
Nach Umstellung auf Filgotinib besserte sich das Wohlbefinden der Patientin deutlich. Sie erklärte sich mit der neuen Therapie zufrieden und konnte zudem auch wieder selbständig schreiben. Dies zeigt, dass sich Therapieerfolg aus Patientensicht eben nicht allein durch die Verbesserung der Schwellung der Gelenke definiert, sondern ebenso über den Funktionserhalt, die Lebensqualität sowie die Besserung der Schmerzen und des Schlafes. Mit Filgotinib verbesserte sich das Ergebnis der Patientin im RAID schließlich auf 2,4.
Praxistipp: Da das Ergebnis des RAID gut mit dem Patient global assessment (PGA, DAS28-CRP) korreliert, kann der RAID ebenso zur Ermittlung der Krankheitsaktivität herangezogen werden.
Die beschriebenen Erfahrungen der Patientin aus dem Fallbeispiel werden zudem gut durch die aktuelle Studienlage zu Filgotinib bestätigt. So zeigte sich beispielsweise in der FINCH1-Studie, dass bei einem Großteil der Patientinnen und Patienten unter JAK1-Inhibition nach MTX-Versagen eine Krankheitsremission erreicht wurde. Darüber hinaus zeigten die Patienten in den Studien ein schnelles Ansprechen der JAK1-Inhibitoren. In der Praxis spiegelt sich dieses schnelle Ansprechen in der Frage der Patienten wider: "Mir geht es ja schon richtig gut, was haben Sie mit mir gemacht?"
Ein weiterer Vorteil – neben dem schnellen Therapieansprechen – ist die geringe Halbwertszeit des Wirkstoffes im Körper. Dadurch kann Filgotinib auch schneller abgesetzt werden, z. B. vor Operationen. Hinzu kommt die gute Wirksamkeit schon bei geringer Dosierung, weshalb Filgotinib 1x täglich eine für RA-Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion geeignete Therapieoption darstellt.
FINCH1 verdeutlichte darüber hinaus das gute Ansprechen der Schmerzen und Funktionsfähigkeit unter JAK1-Inhibition, was im Falle der hier vorgestellten Patientin zwei wichtige Komponenten ihres persönlichen Wohlbefindens definierte.
Filgotinib zeigte zudem in Langzeitstudien zum MTX-Versagen keine neuen Sicherheitsrisiken und war bei langanhaltender Wirksamkeit gut verträglich. Eigenschaften, welche im Fallbeispiel auf den Wunsch der Patientin nach ausgedehnten Reisen eingezahlt und ihre Entscheidung für eine Therapieumstellung auf Filgotinib unterstützt hatten.
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