Leukozytose in der Praxis: welches Vorgehen ist wann sinnvoll?

Leukozytose - welche Bedeutung steckt hinter diesem auffälligen Laborwert, und welche Ursachen können ihn auslösen? Diese und weitere Fragen, einschließlich möglicher Therapieansätze.

Was Sie über die Leukozytose wissen sollten:

Was genau ist die Leukozytose?

Wie allen Medizinern bekannt ist, bezeichnet eine Leukozytose die Erhöhung der Leukozytenzahl im Blut. Liegt der Wert der weißen Blutkörperchen bei 30 G/l oder darunter, ist eine reaktive Ursache, also beispielsweise ein Infekt, am wahrscheinlichsten. Doch auch hämatologische Gründe kommen als Auslöser in Frage und können und sollten nicht durch den Leukozytenwert allein ausgeschlossen werden.

Beträgt der Leukozytenwert 30 bis 50 G/l, ist eine hämatologische Ursache deutlich wahrscheinlicher und sollte in den meisten Fällen zeitnah abgeklärt werden. Bei noch höheren Werten, also ab 50 G/l, steigt das Risiko einer Leukostase erheblich, sodass eine umgehende weiterführende Diagnostik und Behandlung erforderlich ist.

Was sagt das klinische Bild?

Ein Ausschluss oder eine Bestätigung einer hämatologischen Erkrankung als Auslöser für die Leukozytose kann, wie bereits erwähnt, nicht durch die Zahl der weißen Blutkörperchen allein erfolgen. Vielmehr gilt es, auch das klinische Bild in die Differentialdiagnose mit einzubeziehen. Liegen Blutungszeichen wie beispielsweise Hämatome oder petechiale Blutungen vor? Besteht Fatigue oder B-Symptomatik? Gibt es Anzeichen für eine Hepato- oder Splenomegalie? Auch häufige oder opportunistische Infekte können Aufschluss über möglicherweise hämatologische Hintergründe geben.

Sind weitere diagnostische Schritte notwendig?

Ja. Zur Differentialdiagnose gehören zusätzlich ein maschinelles Blutbild, ein Blutausstrich, eine Durchflusszytometrie und die Abklärung myeloproliferativer Erkrankungen.

Sind die Neutrophilenzahlen deutlich erniedrigt, besteht Handlungsbedarf. Ohne Neutrophile steigt das Risiko für Sepsis, Pilzerkrankungen und andere opportunistische Infektionen rapide an.

Was ist eine Leukostase und wie behandle ich sie?

Die Leukostase ist ein akuter Notfall mit massiv erhöhten Leukozytenzahlen. Es kommt zu einer Minderperfusion wichtiger Organe. Symptome können beispielsweise Hypoxie, Dyspnoe, Krampfanfälle, Herzinfarkt, Koagulopathien oder erhöhte Blutungsneigung sein. Die Notfalltherapie besteht in der Leukapherese oder auch einem Aderlass. Liegt eine akute lymphoblastische Leukämie vor, sind zusätzlich Kortikosteroide Therapie der Wahl. Bei akuter myeloischer Leukämie sollte Hydroxyurea verabreicht werden.

Fazit: nicht jede Leukozytose ist ein hämatologischer Notfall

Eine Leukozytose kann auf eine hämatologische Erkrankung hinweisen, muss sie aber nicht. Vielmehr ist die Zusammenschau mehrerer Befunde Ausschlag gebend in der Differentialdiagnose. Die Zahl der Leukozyten allein erlaubt keinen Aufschluss über die Genese der veränderten Blutparameter.
 

Quelle:
Hoffmann, Jörg Dr. med., Universitätsklinikum Marburg, Session: Hämatologie – was tun? Rationale Vorgehensweisen für die internistische Praxis. – Leukozytose – was tun?, 130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, 13.04.2024