In dem heutigen Beitrag beschäftigen wir uns wieder mit Autoimmunerkrankungen. Wir hatten uns bereits mit der Hashimoto-Thyreoditis auseinandergesetzt und festgestellt, dass bisher die einzige Therapie eine Substitution mit L-Thyroxin ist.
Die Hashimoto-Thyreoditis ist eine Autoimmunthyreopathie deren Ätiologie noch nicht vollständig geklärt ist. Ein Zusammenspiel aus genetischer Prädisposition und Umweltfaktoren liegt ihr, wie vielen Autoimmunerkrankungen auch, zugrunde. Man kann durch seine Ernährung einen gewissen Einfluss auf das Krankheitsgeschehen nehmen. Anwendung finden Selen, Vitamin D und Iod.
Eine Studie aus dem Jahr 2017 hat sich mit genau dieser Frage beschäftigt. In einer kontrollierten Studie mit insgesamt 45 Teilnehmern mit Hashimoto-Thyreoiditis wurde die Wirksamkeit einer Nahrungsergänzungstherapie mit bestimmten antiinflammatorischen Enzymen geprüft. Die Teilnehmer wurden in 3 Versuchsgruppen unterteilt. Gruppe 1 erhielt lediglich die Nahrungsergänzungstherapie, Gruppe 2 wurde L-Thyroxin und Gruppe 3 beides verabreicht. Über die Erhebung von morphologischen und subjektiven Parametern, sowie der Serologie wurde sichergestellt, dass die Nahrungsergänzungstherapie über ein gutes Sicherheitsprofil verfügte.1
Die Nahrungsergänzungstherapie mit antiinflammatorischen Enzymen stellte sich als sicher und wirksam dar. Beurteilt wurde dies über die Verbesserung der subjektiven Symptomatik. In Kombination mit L-Thyroxin schlug die Therapie schneller an als die L-Thyroxin-Monotherapie.1
Ein Review aus dem Jahr 2017 hat sich mit der Auswirkung von Iod, Selen und Vitamin D auf Autoimmunthyreopathien auseinandergesetzt:
Iod ist essenziell für die Schilddrüsenfunktion und die Synthese von Schilddrüsenhormonen. Wichtige Iodquellen sind Seegras, Muscheln, Sardinen, Garnelen, Lachs, Thunfisch, Kabeljau, Joghurt, Milch, Eier, Cranberries und Erdbeeren. Ein Iodmangel kann zu einem Struma und Kretinismus führen.2
Weltweit wird rund 70% der Bevölkerung mit jodiertem Salz versorgt. In den Industrienationen ist die Iodversorgung der Bevölkerung dadurch weitestgehend garantiert. Einer Autoimmunthyreopathie liegt in den Industrienationen daher meist eine autoimmune Genese und nicht etwa ein Iodmangel zugrunde. Es ist dennoch schon seit längerem bekannt, dass es auch eine Verbindung zwischen Iodkonsum und Autoimmunthyreopathien gibt.2
Die tägliche Dosis für Erwachsene beträgt 150µg und 250µg in der Schwangerschaft. Ob so eine hohe Dosierung wirklich sinnvoll ist, ist noch zu klären. Es gibt Studien, die zeigen, dass eine zu hohe Iodzufuhr sogar schädlich ist und die Immunogenität steigern kann.2
Hinsichtlich der Empfehlungen des Iodkonsums gibt es Kontroversen.
Ein milder bis moderater Iod-Exzess (220µg mediane Iodkonzentration/24 h) kann mit einer Hypothyreose assoziiert sein. Aus diesem Grund wurde in der Längsschnittstudie DanThyr (Danish Investigation of Iodine Intake and Thyroid Diseases) eine Ernährung mit iodiertem Salz in Iodmangelgebieten initiiert. Insgesamt wurden 4649 Probanden in die DanThyr-Kohortenstudie eingeschlossen. Zu Studienbeginn, sowie 11 Jahre später wurden die Serum-TSH-Werte bestimmt und miteinander verglichen.2-4
Die DanThyr-Arbeitsgruppe verglich 2 Kohorten miteinander: Die tägliche Iodzufuhr für die Kohorte aus Jutland betrug 40-60 µg Iod und 300-350µg für die Kohorte aus Island. Es kristallisierte sich eine deutliche Korrelation zwischen dem Iodkonsum und dem TSH-Spiegel heraus. 3% der Frauen aus Jutland und 20% der Frauen aus Island zeigten TSH-Werte von über 5 mU/l. Überraschenderweise war die Autoantikörperpositivität (TPO- und Tg-Antikörper) fast doppelt so hoch bei den Frauen aus Jutland im Vergleich zu den isländischen Frauen.2-4
Nach 7 Jahren wurden die beiden Kohorten erneut untersucht: In den Gebieten mit ehemaligem Iodmangel führte eine Verbesserung der Iodversorgung zu einem gehäuften Auftreten einer manifesten Hypothyreose.2-4
Der epidemiologischen Studienlage in China zufolge kann ein hoher Iod-Konsum mit der Entstehung von Schilddrüsenerkrankungen assoziiert sein. Zu diesem Ergebnis kamen chinesische Forscher nach Analyse der Datenlage aus Gebieten mit Iodmangel (Iodurie: 84µg/l), moderatem Iodexzess (Iodurie: 243µg/l) und ausgeprägtem Iodexzess (Iodurie: 651µg/l). Es zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Iodexzess und dem Auftreten einer Autoimmunthyreopathie.2, 5
Ein Iodexzess könnte mit einer Dysregulation der Schilddrüse und einer daraus resultierenden Zunahme der Apoptoserate einhergehen.
Die durch den Iodexzess hervorgerufene Suppression der Autophagieaktivität könnte zur Apoptose von Thyreozyten führen. Pathogenetisch relevant könnte eine Runterregulierung des TGF-1 (transforming growth factor-1), eine Zunahme der reaktiven Sauerstoffspezies und die Aktivierung des Akt-mTOR-Signalwegs sein.2, 6-11
Durch den Iodexzess könnte es auch zur Infiltration der Schilddrüse mit Th17-Zellen und zu einer Hemmung der regulatorischen T-Zellentwicklung kommen. Das Ganze könnte eine abnormale TRAIL-Exprimierung (tumor necrosis factor related apoptosis-inducing ligand) und somit die Apoptose der Thyreozyten mit sich führen. Dies bestätigt sich auch experimentell: In Tierversuchen konnte eine erhöhte Immunogenität des Thyroglobulin durch eine exzessive Iodaufnahme beobachtet werden.2, 6-11
Was würden Sie Ihren Patienten raten?
Nächste Woche lernen wir den Effekt von Selen und Vitamin D auf die Entstehung bzw. in der Therapie von Autoimmunthyreopathien kennen.
Referenzen:
1. Nordio M. et al. (2015).Efficacy of a food supplement in patients with hashimoto thyroiditis. J Biol. Regul. Homeost. Agents. 29(1):93-102.
2. Liontiris M.L. et al. (2017). A concise review of Hashimoto thyroiditis (HT) and the importance of iodine, selenium, vitamin D and gluten on the autoimmunity and dietary management of HT patients.Points that need more investigation. Hell J Nucl Med. 20(1): 50-56.
3. Laurberg P. et al. (2001). Environmental iodine intake aects the type of nonmalignant thyroid disease. Thyroid; 11: 457-69.
4. Bjergved L et al. (2012). Predictors of change in serum TSH after iodine fortication: an 11-year follow-up to the DanThyr study.JClinEndocrinolMetab; 97: 4022-9.
5. Zhao H et al. (2014). Correlation between iodine intake and thyroid disorders: a cross-sectional study from the South of China. Biol Trace Elem Res; 162: 87-94.
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