Bei Colitis ulcerosa: Selenmangel ausgleichen!

Ein Selenmangel ist bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ein häufiger Befund. Aktuelle Studien unterstreichen, dass es bei diesen Patienten eine Rationale für die Einnahme von Selen gibt.

Warum der Ausgleich dieses häufigen Mangels bei CU wichtig sein kann

Standardtherapie plus Selen in Studie signifikant besser als Standardtherapie allein

Im Rahmen einer doppelblinden, randomisierten klinischen Studie erhielten 50 Colitis ulcerosa-Patienten zusätzlich zur Standardtherapie eine Supplementierung mit Selen (als Selenomethionin, 200 μg/ Tag), während 50 weitere Patienten nur die Standardtherapie plus Placebo erhielten.1 

Unter Selen nahmen die Krankheitsaktivität und die Entzündungswerte relevant ab und die Behandelten berichteten über weniger Symptome.
Genauer: Nach 10 Wochen hatten die SCCAI-Scores in der Selen-Kohorte deutlich abgenommen (p < 0,001). Eine klinische Verbesserung (definiert als Abnahme um ≥ 3 gegenüber dem Ausgangswert) war in der Selen-Gruppe bei 38 % zu verzeichnen (verglichen mit nur 6 % unter Placebo), was sich in einer deutlich verbesserten Lebensqualität niederschlug. Alle Patienten, bei denen die Erkrankung in Remission ging (definiert als SCCAI ≤ 2), stammten aus der Selen-Kohorte.
Außerdem gingen die Interleukin-17-Konzentrationen unter Selen signifikant zurück. Bezüglich der Interleukin-10-Spiegel gab es dagegen keinen Unterschied zwischen den Gruppen.

Wie sind die antientzündlichen Effekte von Selen zu erklären?

Selen ist ein essentieller Mikronährstoff, der im Körper vor allem in Proteine eingebaut wird. Selenoproteine sind für viele Funktionen wichtig, beispielsweise als Schilddrüsenhormone oder antioxidative Enzyme wie die Glutathion-Peroxidase.3 Selen wird für die Biosynthese dieser enzymatisch aktiven Proteine benötigt und trägt so zur effektiven Funktion des antioxidativen Systems und der Immunabwehr bei.
Selenoproteine können Entzündungsreaktionen hemmen und den oxidativen Stress senken. Die antiinflammatorischen Eigenschaften bewirken in Tiermodellen der CU eine Remission.2

Ein zentrales Merkmal chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED) sind Veränderungen des Mikrobioms. Unter anderem dokumentierte eine Studie aus Stanford einen Mangel an protektiven Bakterientaxa bei CU-Patienten.4 Viele Forschungsarbeiten der letzten Jahre deuten darauf hin, dass nützliche Bakterien der Schlüssel zur Umkehr des entzündlichen Teufelskreises bei CEDs sein könnten, da diese entzündungshemmende Stoffe bilden.5
Selen stärkt die protektiven Mikrobiota, was indirekt die Behandlung unterstützt.2

Selen könnte außerdem helfen, Colitis-assoziierten Darmkrebs vorzubeugen. Einige Arbeiten lassen annehmen, dass Selen wichtige Signalwege der Tumorentstehung blockiert, die in diesem Kontext beschrieben sind.2

Weitere klinische Studien wären wünschenswert, um die kurz- und langfristigen Effekte von Selen bei aktiver und ruhender CED besser zu charakterisieren.

Quellen:
  1. Khazdouz, M. et al. The effect of selenium supplementation on disease activity and immune-inflammatory biomarkers in patients with mild-to-moderate ulcerative colitis: a randomized, double-blind, placebo-controlled clinical trial. Eur J Nutr 62, 3125–3134 (2023).
  2. Ala, M. & Kheyri, Z. The rationale for selenium supplementation in inflammatory bowel disease: A mechanism-based point of view. Nutrition 85, 111153 (2021).
  3. Stichwort - Selenoproteine und Selenosom. https://www.laborjournal.de/rubric/stichwort/stichwort/w_22_10.php.
  4. goldmanb@stanford.edu, <img src=’https://med stanford edu/news/media-contacts/bruce_goldman/_jcr_content/image img 620 high jpg/goldman-bruce-90 jpg’ alt=’Bruce Goldman’> Bruce Goldman Bruce Goldman is a senior science writer in the Office of Communications Email him at. Stanford scientists link ulcerative colitis to missing gut microbes. News Center http://med.stanford.edu/news/all-news/2020/02/stanford-scientists-link-ulcerative-colitis-to-missing-gut-micro.html (2019).
  5. Chen, L. et al. NLRP12 attenuates colon inflammation by maintaining colonic microbial diversity and promoting protective commensal bacterial growth. Nat Immunol 18, 541–551 (2017).