Melanom in der Schwangerschaft

Auf dem EADV-Kongress 2024 präsentierte Dr. Gabriele Roccuzzo (Turin, Italien) eine eingehende Analyse des schwangerschaftsassoziierten Melanoms (PAM).

Schwangerschafts-assoziiertes Melanom (PAM)

Dr. Roccuzzo hob hervor, dass PAM besonders besorgniserregend ist, weil etwa 35% der Frauen, bei denen ein Melanom diagnostiziert wird, im gebärfähigen Alter sind. Frauen im Alter zwischen 20 und 24 Jahren haben ein höheres Melanomrisiko als Männer, und die Inzidenz von PAM liegt bei etwa 50 Fällen pro 100.000 Mütter. Das Melanom ist anerkanntermaßen die häufigste bösartige Erkrankung während der Schwangerschaft und damit ein wichtiges Thema für Dermatologen und Onkologen, die mit schwangeren Patientinnen arbei

Diagnostische Herausforderungen in der Schwangerschaft

Eine der größten Herausforderungen bei der Behandlung von PAM ist die mögliche Verzögerung der Diagnose. Physiologische Veränderungen während der Schwangerschaft, wie die Verdunkelung und Vergrößerung von Muttermalen sowie das Auftreten neuer pigmentierter Läsionen wie Chloasma, können die Früherkennung von Melanomen erschweren. Diese Veränderungen, die oft schon im ersten Trimester sichtbar sind, können das Melanom verschleiern und zu Verzögerungen bei der Diagnose führen. Darüber hinaus gibt es aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Sicherheit des Fötus Einschränkungen beim Einsatz von Diagnoseinstrumenten und Behandlungsmöglichkeiten während der Schwangerschaft, so dass eine optimale Behandlung manchmal erst nach der Entbindung erfolgen kann.

Die Rolle der Hormone bei der Melanomprogression

Der Vortrag befasste sich auch mit den biologischen Aspekten von Hautkrebs in der Schwangerschaft, insbesondere mit der Rolle der Östrogenrezeptoren. Der Östrogenrezeptor beta, der bei kutanen Melanomen häufiger vorkommt, könnte eine schützende Wirkung gegen das Fortschreiten des Melanoms haben, was möglicherweise einen Teil der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Prognose erklärt. Dr. Roccuzzo erörterte auch den umstrittenen Einfluss von Hormontherapien, einschließlich oraler Kontrazeptiva und Hormonersatztherapie, auf das Melanomrisiko, wobei er anmerkte, dass kombinierte orale Kontrazeptiva mit Progesteron nach den derzeitigen Erkenntnissen nur ein sehr geringes Risiko darzustellen scheinen. Die Diskussion über den hormonellen Einfluss erstreckte sich auch auf IVF-Behandlungen, bei denen kein starker Zusammenhang mit dem Melanomrisiko festgestellt wurde.

Metastasierendes Melanom und Beteiligung der Plazenta

Zwar kann eine Schwangerschaft die Entwicklung eines Melanoms beeinflussen, da hormonelle Veränderungen und Hyperpigmentierung die Erkennung möglicherweise verzögern, doch gibt es keine definitiven Hinweise darauf, dass ein während der Schwangerschaft diagnostiziertes primäres Melanom die fetalen Ergebnisse verschlechtert. Obwohl selten, kann es zu einer Metastasierung in die Plazenta kommen, denn das Melanom ist das Malignom mit der höchsten Rate an Plazentametastasen. In dem Vortrag wurde betont, wie wichtig die Überwachung der Plazenta und des Neugeborenen nach der Entbindung in Fällen von metastasiertem Melanom ist, da die Prognose für eine fetale Beteiligung im Allgemeinen schlecht ist.

Chirurgisches und diagnostisches Management während der Schwangerschaft

Was die Behandlung angeht, so betonte Dr. Roccuzzo die Notwendigkeit eines multidisziplinären Ansatzes. Die chirurgische Entfernung des Melanoms unter lokaler Anästhesie gilt als sicher während der Schwangerschaft und sollte nicht aufgeschoben werden, wobei das zweite Trimester der ideale Zeitpunkt für den Eingriff ist. Eine Sentinel-Lymphknotenbiopsie ist nicht kontraindiziert, allerdings sollte blauer Farbstoff vermieden werden, und das Verfahren wird im Allgemeinen bis nach dem ersten Trimester aufgeschoben, um das fötale Risiko zu minimieren.

Bei der Bildgebung während der Schwangerschaft sollte das Risiko für den Fötus gegen den klinischen Nutzen abgewogen werden. Ultraschall ist eine sichere Option, auch im ersten Trimester, während im zweiten und dritten Trimester eine Ganzkörper-MRT ohne Kontrastmittel vorzuziehen ist. Das Stillen sollte nach der Verabreichung von Kontrastmitteln für 12-24 Stunden unterbrochen werden. Adjuvante Therapien, einschließlich Immuntherapie und zielgerichteter Therapien, werden in der Regel während der Schwangerschaft nicht empfohlen, da sie den Fötus schädigen können. In Fällen eines Hochrisiko-Rezidivs im ersten Trimester kann jedoch ein vorzeitiger Schwangerschaftsabbruch erwogen werden, um eine frühere Behandlung zu ermöglichen. 

Behandlungserwägungen bei fortgeschrittenem Melanom im Stadium 4

Bei einem Melanom im fortgeschrittenen Stadium 4 ist die Behandlung der Krankheit während der Schwangerschaft äußerst schwierig, und die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs oder einer frühen Entbindung sollte erörtert werden. Obwohl es nur wenige Daten gibt, die den Einsatz von Immuntherapie oder zielgerichteten Therapien während der Schwangerschaft unterstützen, gibt es einige Fallberichte. Dr. Roccuzzo nannte mehrere Beispiele, darunter das einer Patientin, die während der Schwangerschaft erfolgreich mit Pembrolizumab behandelt wurde, was zu einem reibungslosen Wachstum des Fötus und einem positiven postnatalen Ergebnis führte.

Schlussfolgerung und multidisziplinäres Management

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Diagnose und Behandlung von Melanomen bei Schwangeren eine sorgfältige, individuelle Betrachtung erfordert, an der Dermatologen, Onkologen, Gynäkologen und Neonatologen beteiligt sind. Es ist unerlässlich, nach der Geburt sowohl grobe als auch histologische Untersuchungen der Plazenta und des Fötus durchzuführen, um eventuelle Metastasen zu erkennen. Regelmäßige Hautkontrollen und die Früherkennung von Melanomen nach der ABCD-Regel sind entscheidend für die Verbesserung der Behandlungsergebnisse. Der Vortrag von Dr. Roccuzzo unterstrich die Bedeutung eines maßgeschneiderten, multidisziplinären Ansatzes, um die bestmöglichen Ergebnisse für Mutter und Kind zu erzielen.

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