Schwere Lepra: die zweizeitige Gabe von Kortikosteroiden kann Vorteile haben

Lepra-Hautläsionen werden meist mit systemischen Kortikosteroiden behandelt. Nicht immer führt die Therapie jedoch zum Erfolg. Dermatologen aus Indien konnten nun einem Patienten helfen, ohne die Dosis zu erhöhen.

Zur Wirkung von Steroiden bei Lepra

Viele Leprakranke entwickeln eine Kortisontoleranz

Kommen Kortikosteroide bei der Behandlung von Hautläsionen im Rahmen der Lepra-Infektion zur Anwendung, geschieht dies meist in relativ hohen Dosen. Doch nicht alle Hauterscheinungen lassen sich mit den Arzneimitteln gut kontrollieren. Viele Patientinnen und Patienten entwickeln eine Toleranz und benötigen höhere Dosen der Glukokortikoide – ein Absetzen oder eine Reduktion der Dosis ist oft nicht möglich. Der Einsatz von Kortison bringt bekanntermaßen jedoch einen Schwung an möglichen Nebenwirkungen mit sich, weshalb hohe Dosierungen meist nicht gewollt sind.

Gabe in der Regel einmal täglich

Traditionellerweise erhalten Leprakranke ihre tägliche Kortisondosis am Morgen – das heißt, die gesamte Dosis wird auf einmal eingenommen. So auch geschehen bei der Behandlung eines 35-Jährigen aus Indien. Er hatte lepromatöse Lepra und ENL, und es war zu erneuten Hautläsionen gekommen.

Die zweizeitige Gabe führt zum Therapieerfolg

Aufgrund der Schwere der ENL mit einem ENLIST-Score von 21, entschieden sich die Ärzte dafür, die Infektion mit 15 mg Methotrexat s.c. einmal wöchentlich sowie täglich 32 mg Methylprednisolon zu behandeln. Nach vier Wochen kam es weiterhin zur Entwicklung neuer Läsionen. Aufgrund der möglichen Toleranzentwicklung entschieden sich die Dermatologen gegen eine Dosissteigerung – und für die Gabe von 16 mg Methylprednisolon morgens und 16 mg abends.

Unter diesem Regime besserte sich der Zustand des Erkrankten rapide: innerhalb von zwei Tagen kam es zu keinerlei neuen Hautläsionen mehr und innerhalb von sieben Tagen konnte ein ENLIST-Score von 0 erreicht werden. Im weiteren Krankheitsverlauf konnte die abendliche Dosis reduziert und schließlich abgesetzt werden. 

Der zirkadiane Rhythmus der Erkrankung könnte der Grund für den Therapierfolg sein

Weshalb die zweizeitige Gabe überzeugende Therapieerfolge für sich verbuchen kann, ist nicht endgültig geklärt. Wahrscheinlich ist jedoch, dass der zirkadiane Rhythmus des ENL damit zusammenhängt. Normalerweise flammt die Erkrankung in den Abendstunden zwischen 17 und 18 Uhr auf, wenn der Kortisonspiegel langsam abfällt, schreiben die Experten.

Darüber hinaus kommt es im Rahmen der Lepraerkrankung zu adrenalen Unterfunktion, was zu einem relativen Kortisoldefizit führt. Da eine zweimal tägliche Gabe die Hypothalamus-Hypophysen-Achse mehr unterdrückt als eine einmalige Dosis, ist es wichtig, die abendliche Dosis zu reduzieren und abzusetzen, sobald die Hauterscheinungen unter Kontrolle sind. 

Fazit für die Praxis

Die hier vorgestellte Kasuistik aus Indien zeigt deutlich, dass die zweizeitige Gabe von Kortikosteroiden bei Leprakranken mit schwereren Verlaufsformen einen klaren klinischen Vorteil bieten kann. Obwohl der Therapiestandard die Erhöhung der Kortisondosis ist, entschieden sich die behandelnden Ärzte für einen anderen – jedoch auch akzeptierten Behandlungspfad. Dieses Denken brachte einen raschen Therapieerfolg.

Weitere Informationen aus dem Fachgebiet Dermatologie

Quelle:

Saxena S, Arora P, Sardana K, Muddebihal A, Sachdeva S, Ahuja A. A Rarely Employed Therapeutic Pearl of Split-Dose Oral Corticosteroid in Severe Type 2 or Erythema Nodosum Leprosum Reaction in Lepromatous Leprosy and its Therapeutic Rationale. Indian J Dermatol. 2022 Jul-Aug;67(4):425-427. doi: 10.4103/ijd.ijd_818_21. PMID: 36578704; PMCID: PMC9792049.