Die Pathophysiologie der Allergien ist sehr komplex. Beeinflusst werden sie unter anderem von der Genetik, der Ernährung, dem Lebensalter, der Epigenetik, sowie von den gerade in jüngerer Zeit immer intensiver beforschten Omics, beispielsweise Metabolom, Mikrobiom oder Exposom. Wie sich daraus neue Therapieoptionen ableiten lassen, war auch Gegenstand des EAACI 2019 in Lissabon.
Metabolom und Exposom bieten der modernen Allergologie innovative Ansatzpunkte für zukünftige Behandlungsstrategien. Dabei umfasst das Metabolom alle Stoffwechselvorgänge, z. B. innerhalb der Immunzellen, meist jedoch reduzierbar auf den Fettsäure-Stoffwechsel, der für Entzündungsreaktionen eine sehr wichtige Rolle spielt.
Auf der anderen Seite steht das Exposom, welches die Allergie-Ursachen außerhalb des Körpers zusammenfasst. Dazu zählen beispielsweise die Allergene oder auch eine Reihe von Umweltpartikeln, welche Reaktionen insbesondere in den Atemwegen hervorrufen können.
Einen tragenden Faktor der Allergieentstehung und des allergiebedingten Asthmas bilden die Eicosanoide. Diese auf Fettsäuren basierenden Signalmoleküle fördern Entzündungsreaktionen und sind vor allem bei AllergikerInnen und AsthmatikerInnen im Überschuss anzutreffen.
Mittlerweile ist anhand von Studien auch geklärt, woher diese Eicosanoide stammen und was deren Überproduktion auslöst. So fand sich bei AllergikerInnen sehr häufig fragmentierte Hyaluronsäure, welche wiederum die Arachidonsäureproduktion anregt. Dies stimuliert die Eicosanoid-Synthese in bestimmten Immunzellen, wie den Makrophagen.
Dieser Zusammenhang wurde ebenso in einer 2017 veröffentlichten kleineren Machbarkeitsstudie1 zum Metabolom und Transkriptom in AsthmapatientInnen bestätigt. Dort wiesen die WissenschaftlerInnen um Milena Sokolowska nach, dass AsthmatikerInnen mehr Arachidonsäure produzieren, und dass infolgedessen auch die antivirale Immunantwort bei Menschen mit Asthma vermindert ist.1
Aus solchen Studien ist ersichtlich, dass das Asthma-Risiko mit dem Grad der Dysregulation im Fettsäurestoffwechsel weiter zunimmt. Der zugrundeliegende Mechanismus wird dabei aktuell wie folgt diskutiert: Eine genetische Prädisposition führt dazu, dass mehr fragmentierte Hyaluronsäure entsteht. Diese regt die Arachidonsäure-Produktion an, wodurch es u. a. zu einem Überschuss an Eicosanoiden kommt. Der Metabolismus der Immunzellen, z. B. der Makrophagen, wird dadurch verändert, worunter die Immunantwort leidet. Die Immunzellen, allen voran Makrophagen, können keine ausreichende antivirale und/oder antibakterielle Immunantwort mehr induzieren.
In einer weiteren omics-Studie2 aus dem Jahr 2019 wurden Daten aus Transkriptom- und Metabolomanalysen kombiniert ausgewertet. Dabei stellten die ForscherInnen fest, dass im Mausmodell die Lungen erkrankter Tiere deutlich unterschiedliche Expressionsmuster für Mucine und Tight-junction-Proteine hatten.
Diese unterschiedlichen Expressionsmuster begünstigten ursächlich Entzündungsreaktionen in der Lunge. Dabei nahm mit dem Grad der Entzündung auch der Anteil der Mucine zu, während Tight-junction-Proteine in ihrer Expression zurückgingen. Die Epithelien wurden damit letztlich durchlässiger.2
Aus einer bisher unveröffentlichten Studie geht darüber hinaus hervor, dass sich in Lungen-Biopsien von AsthamtikerInnen mehr anormale Glukose- und Fettsäurewerte finden ließen als bei Nicht-Asthmatikern. Der Zellmetabolismus beeinflusst demnach die Zellfunktion und lässt am Ende sogar auf einen Erkrankungsphänotyp schließen. Daraus ließe sich, so die ForscherInnen, in Zukunft wohl eine stärker "individualisierte" Immuntherapie ableiten.
Originalreferenzen:
1. Sokolowska M et al., J Allergy Clin Immunol 2017; 139(4): 1379–1383
2. Tan HT et al., Allergy 2019;74(2): 294-30; doi: 10.1111/all.13619
Quelle: PL 3 "Fueling the immunity: From immunometabolism to novel treatment strategies": Sokolowska M, "Translating novel concepts in metabolomics into allergy interventions", EAACI Congress 2019, Lissabon (Portugal)