Herz und Diabetes: die wichtigsten Take-Home-Messages der neuen ESC-Leitlinie
Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (European Society for Cardiology – ESC) hat im Jahr 2023 eine neue Leitlinie zu Management und Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen bei Diabetikerinnen und Diabetikern veröffentlicht.
Die wichtigsten Take-Home-Messages der aktualisierten Guideline
- Alle Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten auch auf Diabetes gescreent werden.
- Diabetiker sollten regelmäßig auf Zeichen einer Herzinsuffizienz hin untersucht werden.
- Es wird empfohlen, die eGFR bei allen Patienten mit Diabetes routinemäßig zu bestimmen.
- Sowohl GLP-1-Rezeptorantagonisten als auch SGLT2-Inhibitoren eignen sich zur Senkung des kardiovaskulären Risikos bei bestehender arteriosklerotischer Herz-Kreislauf-Erkrankung.
- SGLT2-Inhibitoren und Finerenon können zur Verringerung des kardiovaskulären Risikos und zur Vermeidung von Nierenversagen bei Typ-2-Diabetikern eingesetzt werden.
- Der neue SCORE2-Diabetes kann das 10-Jahres Risiko für kardiale Erkrankungen berechnen, wenn noch keine Arteriosklerose oder Endorganschäden bestehen.
Welche Screenings empfiehlt die aktuelle Leitlinie?
Diabetikerinnen und Diabetiker leiden im Verlauf ihrer Erkrankung nicht selten an Folgeschäden oder anderen chronischen Krankheiten. Insbesondere das Herz und die Nieren sind hiervon betroffen. Die aktualisierte Leitlinie empfiehlt daher, Betroffene regelmäßig auf Endorganschäden zu screenen:
- Alle Erkrankten sollten regelmäßig auf Anzeichen einer Herzinsuffizienz untersucht werden. Dazu gehört auch die Erhebung einer Familienanamnese.
- eGFR und Albumin im Urin sind wichtige Parameter für die Nierengesundheit. Die Leitlinien empfehlen, die Parameter routinemäßig bei allen Diabetikerinnen und Diabetikern zu bestimmen.
- Stellt sich ein Mensch mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung vor, ist ein Diabetes-Screening sinnvoll. Oft bestehen beide Krankheiten zeitgleich, ohne dass Patienten sich dessen bewusst sind.
Was gibt es Neues bezüglich der Therapie?
Neue Medikamente gibt es zurzeit nicht. Dennoch liegen aktualisierte Empfehlungen vor, die vornehmlich die Gleichwertigkeit verschiedener Medikamentenklassen unterstreichen:
- Sowohl GLP-1-Rezeptorantagonisten als auch SGLT2-Inhibitoren eignen sich zur Behandlung von Diabetikern mit bestehenden arteriosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie senken den Blutzucker und haben eine nachgewiesene kardioprotektive Wirkung.
- SGLT2-Inhibitoren können darüber hinaus mit Finerenon gleichgesetzt werden, was ihr Potenzial, kardiovaskuläre und renale Folgeschäden zu reduzieren, betrifft.
Was tun bei Patienten ohne bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankung?
Speziell für die Berechnung des kardiovaskulären Risikos bei Diabetikerinnen und Diabetikern ohne bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankung oder Endorganschäden wurde der SCORE2-Diabetes entwickelt. Dieser berechnet das 10-Jahres-Risiko für Herzerkrankungen bei Menschen mit Diabetes.
Um die Bestimmung so einfach wie möglich zu machen, wurde eine App entwickelt, die anhand verschiedener Parameter den Score ermittelt.
Fazit für die Praxis
Die aktualisierten ESC-Guidelines betonen die Notwendigkeit für Screenings von Diabetikern auf Nieren- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Obwohl zuletzt keine neuen Arzneimittel dazugekommen sind, gibt es auch bei den Medikamenten-Empfehlungen ein Update. Demnach sprechen die Autoren der Leitlinie den bekannten Medikamentenklassen einen jeweils gleichen Stellenwert in der Behandlung des Diabetes bei bestehenden Komorbiditäten zu. Die kompletten Guidelines stehen zum Download oder auch als App zur Verfügung.
- Müller-Wieland, Dirk, Prof. Dr., Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Session: Diabetes und kardiovaskuläres Risiko – klinisches Update 2023. Vortrag: Neue ESC-Leitlinie zu Herz und Diabetes: Kernbotschaften für die klinische Praxis, DDG Herbsttagung 2023