Neuere Daten deuten darauf hin, dass renale Toxizitäten unter Immuntherapien doch häufiger sind, als initiale Studien vermuten ließen.
Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICIs) haben für einen Teil der Patienten die Therapie revolutioniert, indem sie das eigene Immunsystem dazu stimulieren, gegen den Tumor vorzugehen. Sie wirken an der immunologischen Synapse, wo sie die Bindung hemmender immunregulatorischer Proteine blockieren und somit die "Bremse" des Immunsystems wegnehmen. So führen sie einerseits zur Finalisierung oder Verstärkung der Immunantwort, aber andererseits auch zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für autoimmune Reaktionen auf normale Gewebe. 1
Zu den immunvermittelten Nebenwirkungen der ICIs gehören auch renale Toxizitäten. Während frühere Arbeiten selten akutes Nierenversagen berichteten (2‑3 %), legen neuere Untersuchungen höhere Inzidenzen nahe (um 9,9‑29 %).2
Wir wollen an dieser Stelle übersichtsartig darstellen, mit welchen renalen Komplikationen die einzelnen Wirkstoffe am häufigsten assoziiert sind. Die Inzidenzen eines ICI‑bedingten Nierenversagens liegen laut Daten einer aktuellen Auswertung von 211 Patienten zwischen 5 % (Stadium 2 nach AKI Network Kriterien) und 29 % (Stadium 1) für Ipilimumab und zwischen 9,9 % und respektive 24,5 % unter PD‑1‑Inhibitoren.2
Schwerere Stadien mit Dialysepflichtigkeit bewegen sich um schätzungsweise 0,6 %, diese Zahl stammt jedoch aus einer kleineren, früheren Arbeit, die insgesamt niedrigere Inzidenzen ansetzte.3 Hier wären in Zukunft mehr Daten wünschenswert.
Tumorpatienten haben oft gleichzeitig bestehende Vorerkrankungen und Risikofaktoren für ein akutes Nierenversagen – hier ist insbesondere an Volumenmangel, Dehydrierung und Sepsis zu denken. Doch jede Verzögerung bei der Erkennung und Therapie renaler Komplikationen kann zu bleibenden Schäden führen.4 Bedingt durch den Einsatz von Steroiden für andere, nicht renale Komplikationen dieser Substanzen (Dermatitis, Colitis) besteht überdies ein Risiko der Unterdiagnostizierung von Nephritiden. In der großen Mehrheit der Fälle können Kreatinin-Anstieg (100 %) und Pyurie (68 %) die einzigen klinischen Hinweise auf ein solches Geschehen sein.2
Die Autoren eines Reviews zu dem Thema empfehlen bei bioptisch gesicherter AIN oder Podozytopathie ein Aussetzen der ICI‑Therapie und eine Behandlung mit Steroiden. Auf Grundlage bisher berichteter Fälle könnte Prednison (1 mg/KG) über 1‑2 Monate allmählich ausgeschlichen ausreichen – eine definitive Empfehlung bzgl. Dosis und Dauer kann hier aber nicht ausgesprochen werden. Eine engmaschige Kreatinin-Kontrolle ist natürlich obligat. Wenn die AIN abgeklungen ist und andere potentiell nephrotoxische Medikamente abgesetzt sind, kann eine Wiederaufnahme der ICI‑Therapie erwogen werden.2
Referenzen:
1. Xipell, M. et al. Acute tubulointerstitial nephritis associated with atezolizumab, an anti-programmed death-ligand 1 (pd-l1) antibody therapy. Oncoimmunology 7, e1445952 (2018).
2. Wanchoo, R. et al. Adverse Renal Effects of Immune Checkpoint Inhibitors: A Narrative Review. Am. J. Nephrol. 45, 160–169 (2017).
3. Cortazar, F. B. et al. Clinicopathological features of acute kidney injury associated with immune checkpoint inhibitors. Kidney Int. 90, 638–647 (2016).
4. Izzedine, H. et al. Renal effects of immune checkpoint inhibitors. Nephrol. Dial. Transplant. 32, 936–942 (2017).