Neue Forschungsergebnisse zu immunvermittelten Nebenwirkungen (irAEs) von Checkpoint-Inhibitoren sorgten beim "Palliative and Supportive Care in Oncology Symposium" am 16.-17. November 2018 in San Diego für Diskussionsstoff.
Vom soeben stattgefundenen Palliative and Supportive Care in Oncology Symposium haben wir ein Thema ausgewählt, das nicht nur für Onkologen, die mit den Wirkstoffen arbeiten, interessant sein dürfte. Während der Tagung präsentierte Daten von fast 2.800 Patienten legen nahe, dass Nebenwirkungen unter Immun-Checkpoint-Blockade möglicherweise häufiger sind als erste Studien berichteten, die zur Zulassung der Medikamente geführt hatten.1
Immuntherapien verlängern bei manchen Patienten das Überleben, aber ihr Einsatz ist nicht ohne Risiko. "Wir wenden diese Therapien erst seit wenigen Jahren an, daher liefert die neue Analyse mehr Informationen zur Prävalenz solcher Nebenwirkungen, wenn sie breiter eingesetzt werden", sagt Dr. Joe Rotella, ärztlicher Leiter der American Academy of Hospice and Palliative Medicine (AAHPM).
Die Forscher überprüften eine sehr große Datenbank von Versicherungsfällen, die klinische Daten von über 150 Mio. Menschen in den USA erfasst. Hieraus selektierten die Untersucher Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC), die zwischen 2015 und 2017 mit den PD‑1- oder PD‑L1-Inhibitoren Nivolumab (71,4%), Pembrolizumab (25%) oder Atezolizumab (3,6%) behandelt worden waren. Knapp über die Hälfte dieser Patienten waren mit konventionellen Chemotherapien vortherapiert.
"Unsere Studie ist die wahrscheinlich erste, die Nebenwirkungen anhand von Versicherungsfällen untersucht, was eine wesentlich breitere, populationsbasierte Perspektive auf die Outcomes bietet als eine einzelne Studie", erklärt Erstautorin Dr. Elizabeth Jane Cathcart-Rake. "Es ist wichtig, den vollen Umfang der Nebenwirkungen von Tumortherapien zu verstehen und Patienten und Mediziner sollten sich bewusst sein, dass es bei neuen Therapien eine Weile dauert, diese vollumfänglich einschätzen zu können."
Dies gilt natürlich nicht nur für Immuntherapien. Dr. Cathcart-Rake zitiert als ein anderes Beispiel die initialen Studienergebnisse für Aromatasehemmer zur Therapie des Mammakarzinoms, in denen bei 8% der Patienten Gelenkschmerzen berichtet wurden. Aktuelle Untersuchungsergebnisse, die Patientenbefragungen und umfassendere Analysen der letzten 20 Jahre mit einbeziehen, zeigen, dass etwa 50% der Patienten unter Aromatasehemmern Gelenkschmerzen angeben.
Obwohl Checkpoint-Inhibitoren im Vergleich zu konventionellen Chemotherapien als überwiegend besser verträglich gelten, können irAEs sehr variabel und potentiell schwerwiegend ausfallen. Es wird geschätzt, dass bis zu 70% der Patienten unter PD‑1- oder PD‑L1-Antikörpern von solchen betroffen sind (alle Schweregrade)2,3, wobei die Zahlen zwischen verschiedenen Arbeiten teils weit auseinander gehen.
So fand die neue Analyse folgende Raten für die häufigsten irAEs:1
Weitere Auswertungen dieser Daten laufen noch. Die Forscher versuchen, ein besseres Verständnis der Differenzen zwischen der von Studien berichteten und der in größeren Populationen beobachteten Toxizitäten zu erlangen. Auch die zeitliche Einordnung autoimmuner Nebenwirkungen ist anhand der Versicherungs-Datenbanken nachvollziehbar und wäre von Interesse. Je besser bekannt ist, wann die Wahrscheinlichkeit für bestimmte irAEs besonders hoch ist, desto schneller könnten Behandler eventuell eingreifen.
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Referenzen:
1. Side Effects From Certain Immunotherapies May Be Higher Than Initially Reported. ASCO (2018). Available at: https://www.asco.org/about-asco/press-center/news-releases/side-effects-certain-immunotherapies-may-be-higher-initially. (Accessed: 17th November 2018)
2. Brahmer, J. R. et al. Safety and Activity of Anti–PD-L1 Antibody in Patients with Advanced Cancer. New England Journal of Medicine 366, 2455–2465 (2012).
3. Topalian, S. L. et al. Safety, activity, and immune correlates of anti-PD-1 antibody in cancer. N. Engl. J. Med. 366, 2443–2454 (2012).