Die meisten Zellen von Wirbeltieren stellen nach einer bestimmten Anzahl von Mitosen ihre Aktivität ein und gehen in eine Art Ruhezustand, die Seneszenz (aus dem Lateinischen senescere = alt werden, altern). Dieses Programm ist normalerweise sinnvoll, verhindert es doch die weitere Teilung von Zellen, die mit dem Alter DNA‑Schäden angehäuft haben. Seneszente Zellen teilen sich zwar nicht mehr, aber sie sterben auch nicht, persistieren also im Gewebe. Ihr Stoffwechsel ist weiterhin aktiv und sie können toxische, proentzündliche Botenstoffe und Wachstumsfaktoren freisetzen, was auch als SAPS (senescence-associated secretory phenotype) bezeichnet wird. Die Mediatoren aus solchen Zellen verändern die Mikroumgebung in einer Weise, die zu Alterungsprozessen sowie zur Entwicklung diverser Erkrankungen beitragen kann, sogar zum Progress von Tumoren, wie wir in einem früheren Beitrag zu berichteten.
Wissenschaftler der Universität Boston haben kürzlich festgestellt, dass genau das im Fettgewebe von Übergewichtigen passiert, und zwar mit den dort wichtigsten “Aufräumern”, den Makrophagen. Diese altern bei ernährungsbedingtem Übergewicht vorzeitig und kommen dann ihrer Aufgabe – das Gewebe von abgestorbenen Adipozyten zu befreien und den Zell-Turnover zu unterstützen – nicht mehr nach.
Nicht nur sinkt die Phagozytose-Fähigkeit dieser gealterten Immunzellen im Fettgewebe, durch die übergewichtsinduzierte Seneszenz erwerben sie auch den bereits angesprochenen SAPS-Phänotyp. Sie beginnen also, Signale an ihr Umfeld abzugeben. Als einen kritischen Mediator konnten die Forscher eine Freisetzung von Osteopontin messen, welches als profibrotisch gilt.3 In ihren Versuchsreihen förderte Osteopontin zudem die Proliferation von Adipozyten-Vorläufern sowie die Produktion von extrazellulärer Matrix.
Diese Beobachtungen könnten die Ähnlichkeiten zwischen alters- und übergewichtsbedingten Pathologien erklären und eröffnen viele potenziell spannende Vernetzungen. Die Alterung von Immunzellen, einschließlich Makrophagen, wurde bereits in diversen Studien mit der Pathogenese schwerer altersassoziierter Krankheiten in Verbindung gebracht, unter ihnen Alzheimer, Osteoporose, Atherosklerose, Krebs und eben auch: Diabetes.4 Zelluläre und Immunseneszenz werden inzwischen zudem als eine wichtige treibende Kraft bei fibrotischen Pathologien vermutet, zum Beispiel bei idiopathischer Lungenfibrose oder beim Voranschreiten einer Multiplen Sklerose.
Die Forscher hoffen, dass das verbesserte Verständnis der Signalwege, die die Reaktionen des Fettgewebes auf Übergewicht steuern, zur Entdeckung sinnvoller therapeutischer Angriffspunkte für metabolische und entzündliche Komplikationen im Zusammenhang mit Übergewicht beitragen kann, insbesondere für Diabetes Typ 2.