Das Berliner Corona-Reservekrankenhaus steht, in Betrieb ist es bisher aber nicht – zum Glück.
Wie würden Sie damit umgehen, eine einzigartige Klinik aufzubauen, die eventuell nie in Betrieb gehen wird?
In dieser Situation befindet sich der Berliner Pneumologe Prof. Wulf Pankow. Er war bis vor etwa einem Jahr Chefarzt am Vivantes Klinikum Neukölln und verabschiedete sich dann in den Ruhestand. Als sich die Corona-Pandemiekurve bei uns noch steil nach oben bewegte, wurde er gebeten, die ärztliche Leitung des aufzubauenden Behandlungszentrums am Berliner Messegelände zu übernehmen. Dorthin könn(t)en Berliner Krankenhäuser im Überlastungsfall COVID-19-Patienten zur Weiterbetreuung schicken.
Das in wenigen Wochen unter Einsatz von Messebautechnik eingerichtete Reservekrankenhaus besteht aus einem einzigen Infektionsbereich mit knapp 500 Betten. Im Fall der Vollauslastung würden dort fast 1.000 Mitarbeiter arbeiten. Die ärztlichen Bewerberinnen und Bewerber kommen aus dem niedergelassenen Bereich (wenn sie teilzeittätig sind), aus Krankenhäusern und aus Pharmafirmen oder stehen noch am Berufsanfang. Angestrebt ist ein Anteil von etwa 25% Fachärzten vor Ort. Die Situation im Pflegebereich gestaltet sich, wie schon vor der Corona-Krise, schwieriger.
Die Kernmannschaft, die später die Einweisung und Betreuung der anderen Kolleginnen und Kollegen übernehmen soll, stammt zum großen Teil aus den Berliner Vivantes-Kliniken und erhält nach ein paar Trainingstagen ein monatliches Update. Es mutet ein bisschen surreal an, wie der reaktivierte Chefarzt das alles in einem Video erläutert – inmitten eines menschenleeren Bettensaales und zwischen Präsens und Konjunktiv schwankend. Man kann ihm allerdings tatsächlich nur zustimmen, wenn er sagt: "Ich würde mich freuen, wenn es nicht nötig ist, hier aufzumachen."
Wie lange diese besondere Klinikressource vorgehalten wird, entscheidet der Berliner Senat. Ein Datum wurde bisher nicht definiert. Pankow rechnet mit einer Reservebereitschaft mindestens bis Ende des Jahres, eventuell über die nächste Influenza-Welle bis ins Frühjahr 2021 hinein. Das Interview hat die DGP vor zwei Tagen auf ihrer Website live gestellt, wo in einem anderen Video der Pneumologe PD Dr. Mathias vom Carita-Krankenhaus Bad Mergentheim darüber berichtet, wie er sich plötzlich als COVID-19-Patient auf der Isolierstation der eigenen Klinik wiederfand.
Abkürzung:
DGP = Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V.